Amerika will raus aus Syrien (07.02.2025)
Der US-Präsident hat Berichten zufolge das Pentagon angewiesen, entsprechende Pläne für einen Abzug der amerikanischen Truppen in Syrien binnen 30, 60 oder 90 Tagen auszuarbeiten. Offenbar kann es Donald Trump nicht schnell genug gehen. Doch eine Überraschung ist das nicht. Schon mehrfach hat Trump kund getan, die USA hätten dort nichts verloren. Damit aber bringt er sich selbst in Konflikt zu den amerikanischen Interessen in Syrien, insbesondere im Norden des Landes, wo Amerika sehr stark interessiert ist, insbesondere an den Ölvorkommen der Region, die weitestgehend in kurdischen Händen sind, weswegen die Kurden durch das amerikanische Militär immer deutlich unterstützt worden waren: Der bisherige Einfluss der USA in Syrien ergibt sich vor allem aus der Unterstützung kurdischer Gruppen, die die wichtigsten Öl- und Gasquellen des Landes kontrollieren. Warum nun Amerika seine Truppen abziehen will, ist nicht leicht zu durchschauen. Denn das wirtschaftliche Interesse besteht ja weiter. Und dieses ist nicht gesichert nach einem Abzug der eigenen Soldaten.
Es ist eine Entscheidung, die nicht nur der Sicherheit Syriens großen Schaden zufügen dürfte, sondern auch dem Nahen Osten große Probleme bereiten wird. Es bleibt nämlich völlig offen, wie weit dieser Schritt den IS in Syrien wieder stärken wird. Es sind die Kurden, die Kämpfer des IS in ihren „Gefängnissen“ verwahren. Mehrere Tausend Terroristen und ihre Familien werden in Gefängnissen im Norden Syriens festgehalten, in der Summe geschätzte 50.000 Menschen. Es fragt sich aber, ob nach einem amerikanischen Abzug, kurdische Einheiten weiter in der Lage sein werden, dieses Moment aufrecht zu erhalten. Schließlich werden sie massiv aus der Türkei bedrängt. Der zweite Konfliktort also für Trump: Die Türkei ist NATO-Partner, zumindest noch so lange, als Amerika zur NATO stehen wird. Eine Stärkung der Kurden liegt nicht im türkischen Interesse. Bis heute greifen die USA immer wieder Trainingscamps, Waffenlager und Stellungen der „Gotteskrieger“ des IS an, um sie in Schach zu halten. Das tun auch kurdische Einheiten. Doch dabei sind sie auf militärische Unterstützung der Supermacht angewiesen. Was wird geschehen, wenn die Kurden dann „allein“ sowohl dem IS, wie auch der Türkei gegenüberstehen? Sollten sich die USA tatsächlich komplett aus Syrien zurückziehen, würde Erdogan dies wohl als günstige Gelegenheit ansehen, um noch massiver gegen die Kurden vorzugehen. Doch genau darauf hoffen die IS-Strategen.
Die USA haben zirka 2.000 Soldaten in Syrien – und das war auch schon lange vor dem Sturz des Assad-Regimes so. Warum nun, in dieser insgesamt unklaren Lage des Landes, in der aktuellen Umbruchsituation, die einigermaßen gewährleistete „Stabilität“ vor Ort aufgehoben werden soll, erschließt sich nicht leicht. Ebenso die Frage, warum ein Erstarken des IS mit in Kauf genommen wird. Dass man in den USA um die mit einem Abzug verbundenen Probleme weiß, zeigte die Warnung Trumps an die Türkei Mitte Januar 2025: US-Präsident Donald Trump hat die Türkei im Falle eines Angriffs auf kurdische Truppen in Nordsyrien gewarnt: Die Türkei werde „wirtschaftlich zerstört“ werden, wenn sie die Kurden angreife. Was er genau mit „wirtschaftlicher Zerstörung“ meinte, ließ Trump, wie meist, offen. Die mit den USA alliierten Kurden in Nordsyrien fürchten nach dem Rückzug der US-Soldaten aus dem Land einen Angriff der Türkei. Ankara sieht die kurdischen Kämpfer der YPG als Terroristen und verlängerten Arm der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte erst kurz zuvor erklärt, sehr bald zur Tat schreiten zu wollen, „um diese Terrororganisationen auf syrischem Boden zu neutralisieren“.Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete daraufhin, die Türkei habe ihre Truppen an der Grenze zum kurdisch kontrollierten Teil Syriens verstärkt. Es handele sich um Kampfpanzer und Truppen. Trotz der türkischen Drohungen hatte sich US-Außenminister Mike Pompeo zuversichtlich gezeigt, dass sich die USA und die Türkei auf den Schutz der kurdischen Truppen einigen könnten. Ein nächster Konfliktherd im Nahen Osten, der ins Haus steht?