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Aktuelle Nachrichten

Amerika will raus aus Syrien (07.02.2025)

Der US-Präsident hat Berichten zufolge das Pentagon angewiesen, entsprechende Pläne für einen Abzug der amerikanischen Truppen in Syrien binnen 30, 60 oder 90 Tagen auszuarbeiten. Offenbar kann es Donald Trump nicht schnell genug gehen. Doch eine Überraschung ist das nicht. Schon mehrfach hat Trump kund getan, die USA hätten dort nichts verloren. Damit aber bringt er sich selbst in Konflikt zu den amerikanischen Interessen in Syrien, insbesondere im Norden des Landes, wo Amerika sehr stark interessiert ist, insbesondere an den Ölvorkommen der Region, die weitestgehend in kurdischen Händen sind, weswegen die Kurden durch das amerikanische Militär immer deutlich unterstützt worden waren: Der bisherige Einfluss der USA in Syrien ergibt sich vor allem aus der Unterstützung kurdischer Gruppen, die die wichtigsten Öl- und Gasquellen des Landes kontrollieren. Warum nun Amerika seine Truppen abziehen will, ist nicht leicht zu durchschauen. Denn das wirtschaftliche Interesse besteht ja weiter. Und dieses ist nicht gesichert nach einem Abzug der eigenen Soldaten.
Es ist eine Entscheidung, die nicht nur der Sicherheit Syriens großen Schaden zufügen dürfte, sondern auch dem Nahen Osten große Probleme bereiten wird. Es bleibt nämlich völlig offen, wie weit dieser Schritt den IS in Syrien wieder stärken wird. Es sind die Kurden, die Kämpfer des IS in ihren „Gefängnissen“ verwahren. Mehrere Tausend Terroristen und ihre Familien werden in Gefängnissen im Norden Syriens festgehalten, in der Summe geschätzte 50.000 Menschen. Es fragt sich aber, ob nach einem amerikanischen Abzug, kurdische Einheiten weiter in der Lage sein werden, dieses Moment aufrecht zu erhalten. Schließlich werden sie massiv aus der Türkei bedrängt. Der zweite Konfliktort also für Trump: Die Türkei ist NATO-Partner, zumindest noch so lange, als Amerika zur NATO stehen wird. Eine Stärkung der Kurden liegt nicht im türkischen Interesse. Bis heute greifen die USA immer wieder Trainingscamps, Waffenlager und Stellungen der „Gotteskrieger“ des IS an, um sie in Schach zu halten. Das tun auch kurdische Einheiten. Doch dabei sind sie auf militärische Unterstützung der Supermacht angewiesen. Was wird geschehen, wenn die Kurden dann „allein“ sowohl dem IS, wie auch der Türkei gegenüberstehen? Sollten sich die USA tatsächlich komplett aus Syrien zurückziehen, würde Erdogan dies wohl als günstige Gelegenheit ansehen, um noch massiver gegen die Kurden vorzugehen. Doch genau darauf hoffen die IS-Strategen.
Die USA haben zirka 2.000 Soldaten in Syrien – und das war auch schon lange vor dem Sturz des Assad-Regimes so. Warum nun, in dieser insgesamt unklaren Lage des Landes, in der aktuellen Umbruchsituation, die einigermaßen gewährleistete „Stabilität“ vor Ort aufgehoben werden soll, erschließt sich nicht leicht. Ebenso die Frage, warum ein Erstarken des IS mit in Kauf genommen wird. Dass man in den USA um die mit einem Abzug verbundenen Probleme weiß, zeigte die Warnung Trumps an die Türkei Mitte Januar 2025: US-Präsident Donald Trump hat die Türkei im Falle eines Angriffs auf kurdische Truppen in Nordsyrien gewarnt: Die Türkei werde „wirtschaftlich zerstört“ werden, wenn sie die Kurden angreife. Was er genau mit „wirtschaftlicher Zerstörung“ meinte, ließ Trump, wie meist, offen. Die mit den USA alliierten Kurden in Nordsyrien fürchten nach dem Rückzug der US-Soldaten aus dem Land einen Angriff der Türkei. Ankara sieht die kurdischen Kämpfer der YPG als Terroristen und verlängerten Arm der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte erst kurz zuvor erklärt, sehr bald zur Tat schreiten zu wollen, „um diese Terrororganisationen auf syrischem Boden zu neutralisieren“.Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete daraufhin, die Türkei habe ihre Truppen an der Grenze zum kurdisch kontrollierten Teil Syriens verstärkt. Es handele sich um Kampfpanzer und Truppen. Trotz der türkischen Drohungen hatte sich US-Außenminister Mike Pompeo zuversichtlich gezeigt, dass sich die USA und die Türkei auf den Schutz der kurdischen Truppen einigen könnten. Ein nächster Konfliktherd im Nahen Osten, der ins Haus steht?

Syrien: Einladung nach Frankreich? (06.02.2025)

Wie die syrische Präsidentschaft mitteilte, habe Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Scharaa telefoniert und ihn nach Frankreich eingeladen. Es handelt sich um die erste bekannte Einladung eines europäischen Staats- oder Regierungschefs an Sharaa. Der Élysée-Palast in Paris bestätigte zunächst nur das Telefonat. Die Annäherung zu den neuen Machthabern in Syrien treibt Frankreich zügig voran. Wie der Élysée-Palast mitteilte, habe Macron in dem Telefonat die große Bereitschaft Frankreichs bekundet, den Übergang in Syrien sowohl auf nationaler Ebene als auch im europäischen und internationalen Rahmen zu begleiten. Nach syrischen Angaben gratulierte Macron in dem Telefonat zur Übernahme der Präsidentschaft und zur »Befreiung des Landes«. Frankreich bemühe sich, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben, um wirtschaftliche Erholung und Wachstum zu fördern. Kurz vor dem Telefonat hatte die syrische Behörde für Land- und Seehäfen mitgeteilt, dass der französische Reedereikonzern CMA CGM das wichtige Containerterminal Latakia am Mittelmeer unter einem neuen Vertrag betreiben solle. In Latakia liegt der wichtigste Hafen Syriens.
Sharaa dankte Macron seinerseits für die Unterstützung Frankreichs in den vergangenen Jahren. Al-Scharaa war vor wenigen Tagen zum Übergangspräsidenten Syriens ernannt worden. Die von ihm angeführte Islamistenmiliz HTS hatte das Regime von Machthaber Baschar al-Assad nach einer kurzen Offensive im Dezember gestürzt. Seitdem reiste Al-Scharaa nach Saudi-Arabien und in die Türkei. In welche Richtung sich die neuen Machthaber in Syrien aber ausrichten wollen, ist bislang nicht wirklich bekannt. Zwar gab es einige überraschende Entscheidungen, z.B. die Vergabe von zentralen Ämtern an Frauen, doch sind diese Zeichen mengenmäßig noch viel zu wenige, um wirklich einschätzen zu können, wohin der Weg gehen wird. Europa sitzt, was Syrien betrifft, wirklich in einer Zwickmühle. Zum einen müsste man sich Zeit lassen um beobachten zu können, ob Islamismus die dominierende Staatsdoktin werden wird, andererseits kann nicht hingewartet werden, denn alles was in Syrien geschieht, oder nicht geschieht, hat Auswirkungen auf die ganze Region. Das beginnt bei der Rückkehr von Syrern aus dem Libanon, was dort vor Ort die Lage entzerren wird, geht über die Frage nach der Schwächung des Iran, der so lange in Syrien Einfluss hatte, betrifft Israel und dessen Interessen auf dem Golan, aber auch grundlegend hinsichtlich der Grenzanlagen und reicht bis hinein nach Jordanien und dessen Problemen mit Drogenschmuggel und anderen kriminellen Machenschaften die aus Syrien herüberwirken. Für Europa ist es nicht einfach zu agieren. Wird man Fehler machen, wie so oft schon, oder wird man Wege finden, die in der Summe der Region Hoffnung und auch Stabilität geben werden? Von daher mag die Einladung nach Frankreich vielleicht nicht ganz falsch sein – immerhin verbindet das europäische Flächenland und das gebeutelte Nahost-Land Einiges an gemeinsamer Geschichte. Frankreich war nach der Auflösung des Osmanischen Reiches Mandatsmacht in Syrien und im benachbarten Libanon, was zu einer besonders intensiven Beziehung Frankreichs zur Region führte. Seitdem gab es immer wieder Annäherungen, aber auch Spannungen in den Beziehungen zwischen Paris und Damaskus. Nach Beginn des Bürgerkriegs 2011 erklärte Frankreich den Sturz Assads zur Priorität und unterstützte Rebellen im Land auch logistisch und militärisch.

Israels Armee: Plan zu Gaza-Ausreise (06.02.2025)

Die israelische Armee soll nach dem Willen von Verteidigungsminister Israel Katz einen Plan für die Ausreise der Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem Gazastreifen erarbeiten. Das berichtet das israelische Armeeradio. Katz reagiert mit seiner Anweisung auf einen Vorstoß von US-Präsident Donald Trump, wonach die palästinensische Bevölkerung den durch den Krieg weitgehend zerstörten Küstenstreifen verlassen soll. Die Sprecherin des US-Präsidialamtes, Karoline Leavitt, relativierte später die Pläne und sprach davon, dass die palästinensische Bevölkerung lediglich für die Zeit des Wiederaufbaus „vorübergehend umgesiedelt“ werden solle. Auch US-Außenminister Marco Rubio sprach von einer Übergangszeit. Schon ein Dokument des israelischen Ministeriums für Geheimdienste im November 2023 sollte die dauerhafte Umsiedlung der 2,2 Millionen palästinensischen Bewohner des Gazastreifens auf die ägyptische Sinai-Halbinsel während des Kriegs in Israel empfehlen. Das Strategie-Papier entstand damals wenige Tage nach dem Angriff der palästinensischen Terror-Organisation Hamas, bei dem über 1300 Menschen auf israelischem Boden kaltblütig ermordet und Hunderte in den Gaza-Streifen verschleppt wurden. Bei dem Papier hatte es sich um eine Art Denkschrift handeln, die keinerlei Handlungsverpflichtungen für Regierung oder Militär mit sich bringt. Das Ministerium für Geheimdienste bestätigte damals die Authentizität. Die heute bekannt gewordenen Pläne Trups sind also nicht ohne Vorlauf, sondern wohl hinlänglich geplant. Schon damals galt: Ziel sei es, „eine sterile Zone von mehreren Kilometern […] innerhalb Ägyptens zu schaffen und die Rückkehr der Bevölkerung zu Wohnsitzen in der Nähe der Grenze zu Israel zu verhindern“.
Viele der Bewohner des Gazastreifens sind Nachfahren von mindestens 200.000 Personen, die während des Kriegs von 1948/1949 aus dem neu gegründeten Staat Israel geflohen oder vertrieben worden waren. Der kleine Küstenstreifen, dessen Fläche etwa derjenigen Münchens entspricht, wurde damals ein Sammelbecken für sie, mehrere große Flüchtlingslager wurden errichtet. Diese sind heute dicht besiedelte urbane Gebiete, für viele Bewohner ist ihre Flüchtlingsidentität aber nach wie vor prägend. Umgekehrt war 1948 auch eine kleine Zahl von Juden aus dem Gazastreifen nach Israel geflohen. 1930 war in dem Gebiet ein Kibbuz gegründet worden. Er wurde 1948 nach mehrmona­tiger Belagerung durch die ägyptische Armee geräumt. Die jüdischen Bewohner der Stadt Gaza waren schon nach den gewaltsamen Ausschreitungen gegen Juden im Jahr 1929 ge­flohen. Die britische Mandatsmacht verbot Juden anschließend, in Gaza zu wohnen. Spät nach der Staatsgründung waren dann Schritt für Schritt 21 Siedlungen, in denen am Ende knapp 8500 Menschen lebten, errichtet worden, nachdem Israel den von Ägypten verwalteten Gazastreifen 1967 erobert hatte. 2005 hatte Israel dann die eigenen Siedlungen dort wieder geräumt. Israels Siedlerbewegung hat das nie verwunden. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die damalige Entscheidung Ariel Scharons wiederholt kritisiert, zugleich hat er die Wiederbesiedlung des Gazastreifens bislang öffentlich abgelehnt. Nun hat er wohl seine Position verändert, wohl auch um den Konstervativsten in seiner Regierung „Futter zu geben“.

Israel kündigt Rückzug aus UNO-Menschenrechtsrat an (06.02.2025)

Israels Außenminister Saar schrieb auf der Plattform X zur Begründung die Mitgliedschaft im UNO-Menschenrechtsrat aufzugeben, das Gremium dämonisiere die einzige Demokratie im Mittleren Osten und verbreite Antisemitismus. Israel sei in über 100 Resolutionen verurteilt worden, mehr als der Iran, Kuba, Nordkorea und Venezuela zusammen. Wichtigstes Gremium im Menschenrechtsschutz der Vereinten Nationen ist der Menschenrechtsrat (Human Rights Council, HRC). Der Menschenrechtsrat ist ein Unterorgan der Generalversammlung. Er besteht aus 47 Mitgliedstaaten, die von der Generalversammlung für drei Jahre gewählt werden. 13 Sitze für afrikanische Staaten, 13 für asiatische und pazifische, 8 für lateinamerikanische und karibische, 6 für osteuropäische und 7 für westeuropäische und andere Staaten. Neben seinen regulären Sitzungen hält der Menschenrechtsrat Sondersitzungen zu Themen und Ländersituationen ab. Seit 2007 praktiziert der Menschenrechtsrat ein Prüfverfahren, in dem regelmäßig die Menschenrechtssituation in allen 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen begutachtet wird. Der Menschenrechtsrat setzt zudem Sonderberichterstatter*innen, Unabhängige Expert*innen und Arbeitsgruppen zu Menschenrechtsthemen oder zu Ländern ein, die ihm unabhängige Analysen, Einschätzungen und Empfehlungen zum Schutz der Menschenrechte vorlegen. Der UN-Menschenrechtsrat (MRR) wurde 2006 als Nachfolgegremium der UN-Menschenrechtskommission (MRK) geschaffen, weil diese sich aufgrund der Interessengegensätze der Mitgliedsstaaten selbst blockierte und damit politisch handlungsunfähig geworden war.
Die Mitgliedschaft Russlands im Menschenrechtsrat wurde durch eine Resolution der UN Generalversammlung im April 2022 suspendiert. Seitdem versucht Russland wieder aufgenommen zu werden, trotz aller Vorgänge in der Ukraine. Nun hat die USA angekündigt sich aus dem Rat zurückzuziehen und in der Folge nun auch Israel. Man stellt sie damit „freiwillig“ auf eine Stufe mit Russland. Trump hatte am Vortag ein Dekret unterzeichnet, welches vorsieht, dass die Vereinigten Staaten aus dem UN-Menschenrechtsrat austreten. Allerdings sind sie zurzeit gar kein Mitglied, da ihre jüngste dreijährige Amtszeit in dem Rat mit Beginn des neuen Jahres endete. Ein formaler Austritt ist daher nicht möglich. Washington kann höchstens entscheiden, sich nicht mehr als Beobachter an den Aktivitäten des Rates zu beteiligen und sich nicht mehr um eine Mitgliedschaft zu bewerben.
Interessant die Begründung für den möglichen Austritt Israels: Israel sei das einzige Land mit einem festen Tagesordnungspunkt, d.h. es steht quasi „automatisch“ in jeder Sitzung auf der Tagesordnung und werde bei jeder Sitzung angeprangert. Damit erkennt Israel indirekt an, das am häufigsten angefragte Land der Welt hinischtlich Menschenrechtsverletzungen zu sein. Diese, von Israel so empfundene Diskriminierung, werde nicht länger hingenommen, erklärte der Außenminister.

Saudi-Arabien besteht auf Palästinenser-Staat (05.02.2025)

Saudi-Arabien schließt die Normalisierung von Beziehungen zu Israel aus, solange es keinen Palästinenserstaat gibt. Kronprinz Mohammed bin Salman habe die Haltung des Königreichs in dieser Frage „klar und ausdrücklich“ bestätigt, heißt es in einer Erklärung des saudi-arabischen Außenministeriums. Es gebe keinen Raum für Interpretationen. Auch weise man alle Versuche zurück, die Palästinenser von ihrem Land zu vertreiben. Das Königreich betonte eine „absolute Ablehnung von Eingriffen in die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes“. „Saudi-Arabien wird seine unermüdliche Arbeit zur Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt nicht einstellen und dass das Königreich ohne dies keine diplomatischen Beziehungen zu Israel aufnehmen wird“, wird Kronprinz Mohammed bin Salman in der Erklärung zitiert. Die saudi-arabische Regierung wies die Darstellung Trumps zurück, der vor seinem Treffen mit Netanjahu eine Journalisten-Frage mit den Worten beantwortet hatte, Saudi-Arabien verlange keinen palästinensischen Staat.
Kritiker im In- und Ausland haben entrüstet auf Pläne von US-Präsident Donald Trump reagiert, den Gazastreifen unter die Kontrolle der USA zu bringen. Australiens Ministerpräsident Anthony Albanese sagte laut Guardian, er werde „nicht täglich die Erklärungen des US-Präsidenten kommentieren“. Die Haltung seines Landes zu Trumps Plänen sei „die gleiche wie heute Morgen, wie im vergangenen Jahr, wie vor 10 Jahren“, sagte Albanese. „Die australische Regierung unterstützt auf parteiübergreifender Basis eine Zweistaatenlösung.“ „Die Entfernung aller Palästinenser aus dem Gazastreifen kommt ihrer Vernichtung als Volk gleich“, sagte Paul O’Brien, Chef von Amnesty International USA. „Der Gazastreifen ist ihre Heimat. Der Tod und die Zerstörung im Gazastreifen sind eine Folge davon, dass die israelische Regierung zu Tausenden Zivilisten tötet, oft mit US-Bomben.“

Gaza als Reviera des Nahen Ostens (05.02.2025)

Trumps Idee ist einfach: 2 Millionen Palästinenser umsiedeln, egal ob diese oder ihre zukünftigen „Gastgeber“, dem zustimmen. Den Gaza-Streifen reinigen und eine Riviera des Nahen Ostens, wahrscheinlich für die Reichen dieser Welt, bauen – unter amerikanischer Herrschaft. Wozu Völkerrecht? Wozu verhandeln? Sich einfach nehmen, was man haben möchte, das ist angesagt. „Die USA werden den Gazastreifen übernehmen“, sagte Trump nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Weißen Haus in Washington. „Wir werden ihn besitzen.“ Der demokratische US-Senator Chris Murphy erklärt auf dem Kurznachrichtendienst X zu Trump: „Er hat völlig den Verstand verloren“ (Original: „He lost it“). Ähnlich empört äußerte sich die US-Abgeordnete Rashida Tlaib, ebenfalls eine Demokratin. „Die Palästinenser werden nirgendwohin gehen. Dieser Präsident kann diesen fanatischen Bullshit nur von sich geben, weil es überparteiliche Unterstützung im Kongress für die Finanzierung von Völkermord und ethnischer Säuberung gibt“, sagte sie.

Kommentar:
Um den bayerischen König Ludwig II. zu entmündigen, bedurfte es eines psychiatrischen Gutachtens und einer Delegation – dann war es geschehen. Geht das heute nicht mehr?

Israel: Der trockenste Winter seit einem Jahrhundert (04.02.2025)

Bisher fiel in Israel nur knapp über die Hälfte der für die Jahreszeit üblichen durchschnittlichen Niederschlagsmenge, wie die Wasserbehörde mitteilte. Im Januar sei in den Flüssen erstmals seit Jahren kein signifikanter Anstieg der Wassermenge verzeichnet worden, was auf extreme Dürre hindeute. Der Pegel des Sees Genezareth stieg demnach im Januar lediglich um zwei Zentimeter. Der Wasserstand des größten Süßwassersees lag nach Angaben der Behörde Ende Januar bei 211,26 Metern unter dem Meeresspiegel und damit 1,74 Meter über der unteren roten Linie von 213 Metern sowie 3,61 Meter über dem historischen Tiefststand des Sees von 2001 (214,87 Meter unter dem Meeresspiegel). Der im Jordanfluss gemessene Wasserdurchfluss war demnach der niedrigste seit 1960. Daten des Wetterdienstes zeigen laut Berichten, dass sich die Niederschläge auf Teile Nordisraels konzentrierten. In Haifa etwa fielen 75 Prozent des üblichen Durchschnitts, in Jerusalem hingegen nur 32 Prozent. Ähnlich niedrig fiel die Niederschlagsmenge in den südlichen Landesteilen aus. Das wird sich alles in den nun kommenden Monaten entsprechend auswirken. Wasserknappheit ist schon lange rines der schwierigsten Probleme des Landes. Israel verbraucht jährlich etwa 2,5 Milliarden Kubikmeter Wasser. In den letzten Jahren hat sein massives Entsalzungsprojekt die Abhängigkeit von Regenfällen verringert. Israel entsalzt heute 650 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr, was 80 % seines Trinkwassers ausmacht.
Im Jahr 2022 begann Israel damit, den See Genezareth mit entsalztem Wasser aus dem Mittelmeer aufzufüllen und war damit das erste Land, das Meerwasser zur Auffüllung eines natürlichen Sees verwendete. Die Methode aber ist unter Wissenschaftlern umstritten, da die Mineralität des entsalzten Meerwassers anders zusammengesetzt ist, als die des Süßwassersees.
Im Dezember 2024 kam die Frage auf: Setzt Israel im Gazakrieg die Einschränkung der Wasserversorgung als Kriegswaffe ein? Damals gab es nur die Ausssage des damaligem Verteidigungsminister Yoav Gallant: „Wir haben eine vollständige Blockade des Gazastreifens angeordnet. Es wird keinen Strom, kein Essen, kein Wasser, keinen Treibstoff geben. Alles ist zu. Wir kämpfen gegen Tiere und handeln entsprechend.“ Heute, gute sechs Wochen später, fragt man sich, wie die zu erwartenden Mängel an Wasser die Lage in Gaza weiter beeinträchtigen werden. 80 Prozent der Brunnen in Gaza sind heute bereits zerstört. Kläranlagen ebenfalls. Was ist an Krenkheiten in diesem sommer zu erwarten, wenn hinreichend Wasser fehlen wird – noch mehr, als es bereits bislang gefehlt hat? Wenn Hygiene einzuhalten noch schieriger wird als jetzt schon? Wenn das Wasser so rar wird, dass nicht hinreichend vorhanden ist um zu tinken, zu kochen, zu spülen?
Zeitgleich reinigt und recycelt Israel rund 90 % der 600 Millionen Kubikmeter, die als Abwasser anfallen, für die Bewässerung in der Landwirtschaft – deutlich mehr als jedes andere Land in dieser Welt; dennoch muss weiterhin auch Regenwasser für die anbauintensiven Felder genutzt werden. Wie sollen die sich auftuenden Spannungen einer vernünftigen Lösung zugeführt werden?

Bischofstreffen beendet – Forderung nach Friede im Heiligen Land

Bonn/Jerusalem ‐ Die Lage im Westjordanland ist nach Worten von Erzbischof Udo Markus Bentz unhaltbar. Zum Abschluss rufen er und weitere Teilnehmer eines internationalen Bischofstreffens im Heiligen Land zu einer gerechten Lösung auf.

Zum Abschluss ihres 24. Solidaritätstreffens mit den Christen im Heiligen Land haben Bischöfe aus verschiedenen Ländern und Europas und den USA Sorge über die Zerbrechlichgkeit des Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas geäußert. Man hoffe, dass er „den Beginn eines echten und dauerhaften Friedens markiert“, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung. Es brauche eine Auseinandersetzung mit den Ursachen des langjährigen Konflikts. Aus Deutschland nahm der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der Kommission Weltkirche und Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz, teil.
Das Treffen fokussierte unter anderem auf die Auswirkungen des Krieges auf die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete; darüber werde nicht ausreichend berichtet. Bei Besuchen in christlichen Gemeinden und Einrichtungen habe man einen „Schrei nach Frieden und Gerechtigkeit“ gehört. Palästinenser seien im Alltag massiven Schwierigkeiten ausgesetzt; darunter eine starke Einschränkung der Bewegungsfreiheit, mangelnde Wasser- und Stromversorgung, fehlende Baugenehmigungen und eine hohe Arbeitslosigkeit durch den Entzug von rund 150.000 Arbeitsgenehmigungen in Israel.
Erzbischof Bentz beschrieb die Lage laut einer Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz vom Donnerstag als unhaltbar. Es brauche eine „Änderung der Politik Israels im Westjordanland, um palästinensischem Leben dort echte Chancen zu geben“. Die Lebensbedingungen der Palästinenser hätten sich seit Beginn des Gaza-Krieges durch eine fortgesetzte illegale Expansion der Siedlungen und wiederholte Gewaltakte extremistischer jüdischer Siedler weiter verschlechtert. In ihrem Statement riefen die Bischöfe die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf, „um realistische und sichtbare Entwicklungshilfe als Teil eines Prozesses für einen dauerhaften Frieden zu ermöglichen“.
Pilger der Hoffnung
Das Motto des Heiligen Jahres aufgreifend, kamen die Bischöfe in diesem Jahr als „Pilger der Hoffnung“ ins Heilige Land, um nach möglichen Perspektiven und Anzeichen der Zuversicht inmitten von Terror und Krieg zu suchen. „Der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas vom vergangenen Sonntag erlaubt ein Aufatmen nach 15 Monaten voller Tod und Zerstörung“, so Erzbischof Bentz. „Zugleich wird die Freude über die Waffenruhe im Gaza-Streifen und die Freilassung israelischer Geiseln von einer tiefen Besorgnis überschattet. Alle fragen sich, wie lange die fragile Waffenruhe Bestand haben kann und ob die vereinbarten Schritte tatsächlich realisiert und dadurch neue Anfänge möglich werden.“
Gesprächspartner wie der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, und der deutsche Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert, hätten deutlich gemacht, dass es zunächst darum gehen müsse, Hass abzubauen und Vertrauen zwischen Israelis und Palästinensern wiederherzustellen. Ziel müsse sein, Gesprächsprozesse zwischen den verfeindeten Gruppen in Gang zu setzen und mit kleinen Schritten den Boden für umfassende Lösungen vorzubereiten, so Bentz.
Mit Blick auf den Ruf der internationalen Gemeinschaft nach einer Zwei-Staaten-Lösung zeigte sich der Erzbischof von Paderborn nur mäßig hoffnungsvoll. „Niemand sieht im Augenblick die Möglichkeit zu großen Durchbrüchen. Aber alle auch noch so kleinen Schritte in die richtige Richtung können den Boden bereiten für umfassende Lösungen in der Zukunft“, sagte er angesichts der Begegnung mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Steffen Seibert.
Bei Besuchen im Westjordanland bekamen die Bischöfe selbst einen Eindruck vom Alltag von Palästinensern. Die fortgesetzte illegale Expansion von Siedlungen und die wiederholten Gewaltakte extremistischer Siedler haben die schwierigen Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung seit Beginn des Gaza-Krieges weiter verschlechtert. „Diese kritische Situation ist während der langen Monate des Krieges international viel zu wenig wahrgenommen worden. Gerade deshalb haben wir einen Fokus daraufgelegt“, erläutert Erzbischof Bentz.
Das Bischofstreffen findet seit 1998 jeweils im Januar im Auftrag des Vatikans und auf Einladung der katholischen Bischöfe des Heiligen Landes statt. In diesem Jahr nahmen Vertreter von sieben Bischofskonferenzen teil, darunter acht Bischöfe.
(Verlautbarung der Bischofskonferenz)

Kommentar:

Kein Wort über den Verursacher dieser schlimmen Bedingungen; als wären diese aus dem „Nichts“ über Palästina hereingebrochen. Doch was sagt die Schrift denen, die durch Haudauflegung beauftragt sind: „Darum rufe ich dir ins Gedächtnis: Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteil geworden ist. Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Schäme dich also nicht, dich zu unserem Herrn zu bekennen;“ (2 Tim 1,6-8a)

UN-Palästinenserhilfswerk arbeitet trotz Verbot weiter (31.01.2025)

Nach dem Inkrafttreten eines Arbeitsverbots in Israel für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA ist die künftige Versorgung der notleidenden Bevölkerung im zerstörten Gazastreifen infrage gestellt. Vorerst setzt die UN-Organisation ihre Tätigkeit trotz Israels Verbot jedoch fort. Nach dem Willen Israels hätte UNRWA die Arbeit am Donnerstag einstellen müssen. Israels Parlament hatte als Konsequenz ein Arbeitsverbot auf israelischem Staatsgebiet verhängt. Ein weiteres Gesetz untersagt israelischen Behörden jeglichen Kontakt mit UNRWA. Weil Israel alle Zugänge zu den besetzten Gebieten kontrolliert, wird befürchtet, dass es für das Hilfswerk schwierig bis unmöglich werden könnte, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und im Westjordanland weiter zu versorgen.

Trump besteht weiter auf Umsiedlung aus Gaza (31.01.2025)

Trotz der scharfen Zurückweisung durch Ägypten und Jordanien besteht US-Präsident Donald Trump weiter auf eine Umsiedlung von Palästinensern aus dem Gazastreifen in diese Länder. „Sie werden es tun“, sagte Trump vor Journalisten im Oval Office auf die Frage nach seiner Antwort auf die ägyptische und jordanische Ablehnung seines umstrittenen Vorstoßes. „Sie werden es tun. Wir tun eine Menge für sie, und sie werden es tun“, sagte er weiter. Nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe schlug Trump vergangene Woche vor, den Gazastreifen zu „räumen“ und die dort lebenden rund 2,4 Millionen Palästinenser an „sicherere“ Orte wie Ägypten oder Jordanien zu bringen. Den vom Krieg verwüsteten Gazastreifen bezeichnete der neue US-Präsident als „Abrissgebiet“.(s.u.) Zuvor hatte er sogar davon gesprochen, den Gazastreifen   aufzuräumen beziehungsweise zu säubern („clean up“). Das Leben in Gaza sei schließlich schon seit längerem die „Hölle“, so Trump weiter. Dass eine solche Maßnahme – Kritiker befürchten hier nichts Geringeres als eine Zwangsumsiedlung – trotz massiver politischer und völkerrechtlicher Bedenken möglich sei, dabei blieb Trump trotz aller Dementis, ablehnender Äußerungen und – angeblicher – Telefonate mit dem dem jordanischen König Abdullah II. sowie Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi. „Ich wünschte, er nähme einige“, sagte Trump gegenüber Journalisten mit Blick auf seinen ägyptischen Amtskollegen, dessen Büro freilich dementierte, dass es überhaupt zu einem Telefonat zwischen beiden Politikern gekommen sei. Ägypten unterstütze das „unerschütterliche Bestehen des palästinensischen Volkes auf sein Land“, erklärte das Außenministerium in Kairo laut Nachrichtenagenturen. Ägypten lehne „jegliche Einmischung in diese unveräußerlichen Rechte ab, sei es durch Besiedlung oder Annexion von Land oder durch Entvölkerung dieses Landes in Form von Vertreibung“. Ähnlich die Position Jordaniens: Die jordanische Haltung sei klar, heißt es etwa in der staatsnahen Zeitung „Jordan Times“. Das Land sei keine alternative Heimstätte der Palästinenser und werde es auch niemals sein: „Jordanien lehnt jeden Versuch ab, die Sache der Palästinenser aufzulösen oder deren Rechte unter welchem Vorwand auch immer aufzulösen. Die Palästinenser können ihre Heimat nicht aufgeben.“

Jordanien sprach sich daraufhin umgehend gegen eine „Zwangsvertreibung“ der Palästinenser aus dem Gazastreifen aus. Auch Kairo wies den Vorstoß zurück. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi bezeichnete die Idee als „eine Ungerechtigkeit, an der wir uns nicht beteiligen können“.
Die Reaktionen der Betroffenen glänzen nicht durch Humanität: Ägypten lehnt Trumps Umsiedlungspläne aufs Schärfste ab, Sisi griff dafür in einem TV-Auftritt zu einer neuen Argumentationslinie: Wenn Palästinenser aus dem Gazastreifen auf den Sinai transferiert würden, so brächten sie „die Idee von Widerstand und Kampf“ mit, und dann könnte Israel unter dem Vorwand seiner nationalen Sicherheit auch ägyptisches Territorium angreifen. Israel solle die Palästinenser doch in die Negev-Wüste bringen. Das klingt absurd und zynisch: Aber Sisi kann sich dabei tatsächlich auf die US-„Vision for Peace“-Konzeptlandkarte beziehen, in der – zum Schrecken der israelischen Rechten – im August 2020, also in Trumps erster Amtszeit, ein „Future Plan of Palestine“ entworfen wurde, mit einer palästinensischen Industrie- und einer Residenzzone auf israelischem Staatsgebiet. Die Ängste, mit den Flüchtlingen aus dem Gazastreifen würden noch mehr Radikale auf dem Sinai einsickern und bei gegen ihren Willen umgesiedelten Palästinensern großen Zulauf finden, sind jedoch real in Ägypten, denn der Sinai ist noch immer durchsetzt mit IS-Kämpfern, denen Ägypten bislang nicht Herr werden konnte.
Trump scheint indes nicht von der Idee abzulassen. Am Montag erinnerte er Sisi daran, dass die USA Hebel in der Hand haben: „Ich wünschte, er würde ein paar nehmen. Wir haben ihnen viel geholfen, und ich bin sicher, er würde uns helfen. (…) Ich denke, er würde es tun, und ich denke, der König von Jordanien würde es auch tun.“ Ägypten betreffend wurde in Social Media schon früher die Idee ventiliert – hauptsächlich von Sisi-Kritikern –, dass die USA die Aufnahme von Bevölkerung von Gaza durch einen Schuldenerlass erkaufen könnten.
Aus der Trump-Umgebung kam auch die Idee, die Menschen aus Gaza nach Indonesien zu bringen; und der albanische Premier Edi Rama sah sich zu Wochenbeginn ebenfalls genötigt, Albanien betreffende Spekulationen zurückzuweisen. Jordanien betreffend können manche in der Trump-Regierung der Meinung der israelischen Rechten zuneigen, dass man aus Jordanien, das jetzt schon eine palästinensischstämmige Bevölkerungsmehrheit hat, „den Palästinenserstaat“ machen könnte. In Jordanien gibt es Befürchtungen, dass das – aus dem Hijaz im heutigen Saudi-Arabien stammende – haschemitische Königshaus das nicht überleben würde. Jordanien spielte als Puffer und Vermittler zwischen Israel und der arabischen Welt jahrzehntelang eine entscheidende Rolle. Heute hat Israel zu den Arabern seine eigenen Beziehungen, die unter dem Gazakrieg zwar gelitten haben, aber nie infrage gestellt wurden. Für Trump ist noch immer ein Friedensvertrag zwischen Israel und Saudi-Arabien das große Ziel. Sein erstes Telefonat mit einem ausländischen Staatschef führte er mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.

Israel liefert der Ukraine Patriot-Raketen (31.01.2025)

Die USA haben in dieser Woche etwa 90 Patriot-Luftabwehrraketen von Israel nach Polen gebracht, um sie anschließend an die Ukraine zu liefern. Für die Luftabwehr des von Russland attackierten Landes ist das eine dringend benötigte Verstärkung. Offensichtlich ist die Trump-Administration daran interessiert, dass sich die Ukraine gegen die russischen Bombardements verteidigen und ihre kritische Infrastruktur besser schützen kann. Bei den Systemen, die die USA während des ersten Golfkriegs Anfang der Neunzigerjahre ihrem Verbündeten Israel zur Verfügung gestellt hatten, handelt es sich um Raketen der ersten Generation. Sie waren im April des vergangenen Jahres von den israelischen Streitkräften (IDF) ausgemustert worden. Seitdem stapelten sie sich in Lagern der IDF oder waren zu Ausbildungszwecken benutzt worden. Für die Luftverteidigung Israels spielten die Patriots zuletzt eine immer weniger wichtige Rolle, da das Land seine eigenen Luftabwehr-Waffensysteme entwickelt hat. Weder das Pentagon noch die israelische oder die ukrainische Regierung wollten den Deal bestätigen.

Israel stoppt Häftlingsfreilassung (31.01.2025)

Bei der Übergabe der Geiseln in Chan Yunis gab es chaotische Szenen. Es herrschte dichtes Gedränge. Von Kopf bis Fuß schwarz gekleidete und maskierte Islamisten mit Waffen brachten die Geiseln durch eine schreiende und drängelnde Menschenmenge zu den Rot-Kreuz-Fahrzeugen. Aus der Menge waren Schmährufe zu hören. Durch den Tumult verzögerte sich auch die Abfahrt der Fahrzeuge. Die Übergabe fand neben dem zerstörten Haus des im Oktober getöteten Hamas-Chefs Jihia Al-Sinwar statt. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und der israelische Verteidigungsminister Israel Katz haben nun die geplante Entlassung palästinensischer Häftlinge im Gegenzug zur Freilassung von acht verschleppten Geiseln gestoppt. Demnach sollen die Gefangenen erst frei kommen, wenn eine sichere Freilassung der israelischen Geiseln gewährleistet wird. Israels Regierungschef Netanjahu sprach von „schockierenden Szenen“, die ein „weiterer Beweis für die unvorstellbare Grausamkeit der terroristischen Hamas“ seien. Netanjahu rief demnach die Staaten, die das Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der Hamas vermittelt haben, dazu auf, dafür zu sorgen, dass sich derartige Szenen nicht wiederholen und die Sicherheit der Geiseln gewährleistet wird. Trotzdem herrschten bei den Angehörigen in Israel Erleichterung und Freude.
Geplant war, dass 110 palästinensische Häftlinge für die drei israelischen Geiseln ausgetauscht werden. Mehr als 30 von ihnen sollen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden sein. Für die fünf thailändischen Geiseln sollten keine palästinensischen Häftlinge entlassen werden. Israelische Medien meldeten, sie seien im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Hamas und Thailand freigekommen.

Deutsche Grenzschützer am Grenzübergang Rafah (29.01.2025)

Am Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten sollen demnächst auch deutsche Grenzschutzexperten für Sicherheit sorgen. In der Bundesregierung laufen Planungen für eine mögliche Entsendung. Noch ist der Grenzübergang Rafah gesperrt. Seine Wiedereröffnung – der genaue Zeitpunkt ist noch offen – gehört zu einer Drei-Phasen-Vereinbarung zwischen der islamistischen Terrororganisation Hamas und Israel zur Beendigung des Gaza-Kriegs. Der Übergang soll insbesondere auch die Einfuhr von deutlich mehr humanitärer Hilfe für die Palästinenser in dem Küstenstreifen ermöglichen. Der Einsatz deutscher Experten könnte im Rahmen der EU-Mission zur Unterstützung des Grenzschutzes in Rafah (Eubam Rafah) erfolgen, die erstmals nach jahrelanger Pause wieder vor Ort tätig werden soll. Sie war bereits 2005 eingerichtet worden, um bei den Kontrollen am Grenzübergang zu helfen. Seit der Machtübernahme der islamistischen Hamas 2007 im Gazastreifen gab es allerdings kein EU-Personal mehr am Grenzübergang, weil die EU nicht mit der Hamas kooperieren wollte. In einer ersten Phase soll nun möglichst von Anfang Februar an eine niedrige zweistellige Zahl an EU-Grenzschutzexperten sowie Unterstützungskräften für die Sicherheit am Grenzübergang tätig sein. Sie wird den Planungen zufolge unter anderem Kontrollen beaufsichtigen und es ermöglichen, dass mehrere Hundert verletzte Palästinenser den Gazastreifen verlassen können. Die alten Überlegungen gingen von unbewaffneten Grenzhelfern aus; nun denkt man um und an eine Bewaffnung. In der aktuellen Situation wird das aber für zu gefährlich gehalten.
Nach Angaben des italienischen Außenministers Antonio Tajani vom Montag wird es sich bei den Experten zunächst einmal um Grenzschützer aus Italien, Spanien und Frankreich handeln. Aus Deutschland könnten Bundespolizisten oder Zollbeamte nach Rafah entsendet werden. Der EU-Einsatz erfolgt angeblich mit dem Einverständnis Ägyptens und auf Bitte der Israelis und Palästinenser hin. Öffentlich eingesetzt für die Entsendung von EU-Grenzschützern nach Rafah hatte sich zuletzt unter anderem Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Die Grünen-Politikerin sagte am Montag bei einem EU-Treffen, das Engagement sei ein wichtiges Zeichen dafür, dass Europa Verantwortung in der Welt übernehme.
Aber Deutschland beklagt Personalmangel beim Schutz der eignen Grenzen; aktuell gibt es Forderungen, die eigenen Grenzen noch mehr zu schützen, als es eh schon seit Monaten geschieht. Woher also sollen die deutschen Grenzschützer an der Grenze zu Ägypten kommen? Müssen sie Arabisch und/oder Evrit (modernes Hebräisch) sprechen? Oder soll ihr Englisch aufgebessert werden, um mit israelischen Soldaten, die meist kaum diese Sprache beherrschen, zu kauderwelschen? Oder mit arabischsprechenden LKW-Fahrern, die keine Kenntnisse einer fremden Sprache besitzen? Wie soll ein deutscher Beamter, gewohnt an exakt ausgefüllte Grenzdokumente gewöhnt, mit der relativ „offenen“ Umgangsweise der Orientalen umgehenß? Alles mehr als unausgegoren! Symbolpolitik? Ja – natürlich – was sonst? Man kann dann sagen „Wir haben etwas getan“; ob das Getane auch Sinn macht, das fragt niemand. Kein Wunder, dass Politik in Deutschland einen so schlechten Ruf hat.

Jordanien baut Luftbrücke zum Gazastreifen (29.01.2025)

Neun Tage nach Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas machten sich die ersten 16 Militärhubschrauber auf den Weg zum Grenzübergang Kissufim zwischen Israel und dem Gazastreifen. Dort sollen die Hilfsgüter der haschemitischen Wohltätigkeitsorganisation Jordaniens an Mitarbeiter des Welternährungsprogramms übergeben werden. Die Luftbrücke soll nach Angaben der jordanischen Regierung acht Tage lang aufrechterhalten und von „befreundeten Staaten“ unterstützt werden. 16 Militärhubschrauber – 14 der jordanischen und zwei der italienischen Luftwaffe – hoben von den Lagerhäusern der Wohltätigkeitsorganisation Jordaniens (JHCO) in Al-Ghabawi nahe der Hauptstadt Amman ab. Schon in 2024 trat Jordanien mit solchen praktischen Hilfen für die Menschen vor Ort ins öffentliche Rampenlicht. Eigentlich als einziges der arabischen Länder.

Syrien: Tote bei türkischen Luftangriffen (29.01.2025)

Die Türkei ist im Norden Syriens machtvoll am agieren. Türkische Kampfflugzeuge setzten wieder einmal mehrere Luftangriffe um den Tischrin-Staudamm und in der Nähe von Sarrin um. Bei einem dieser Luftangriffen auf einen belebten Markt in Syrien sind nach Angaben von Beobachtern mindestens acht Menschen getötet und 20 weitere verletzt worden, darunter Frauen und Kinder. Laut dem Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, waren alle Opfer Zivilisten, als der Markt in der nördlichen Stadt Sarrin getroffen wurde. Die kurdisch angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die von den Vereinigten Staaten unterstützt werden, bezeichneten den Angriff als „Massaker“. Seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad im Dezember ist die Region von gewalttätigen Zusammenstößen zwischen regierenden kurdischen Milizen und von der Türkei unterstützten Kämpfern betroffen. Bei einer Friedensmahnwache an der Tischrin-Talsperre hat die Türkei bereits in den vergangenen Wochen 21 Menschen getötet, mehr als 200 verletzt. Durch Bombardierungen der Türkei im Dezember war der Staudamm bereits außer Betrieb. Seither ist die Stadt Kobanê ohne Wasser und Strom. Die Luftwaffe des NATO-Mitgliedstaates greift dort auch Autokonvois mit Drohnen und Kampfflugzeugen an. Die Türkei greift direkt aus der Luft an, am Boden agieren in deren Interesse die SNA-Milizen. Der Nordosten Syriens, wo besonders viele Kurden leben, ist von Unsicherheit und Gewalt geprägt, besonders weil alle Kurden für die Türkei „Terroristen“ sind. Die Kurden bilden die größte ethnische Minderheit in Syrien. Während des Bürgerkriegs eroberten sie große Teile im Norden und Nordosten des Landes und errichteten dort autonome Strukturen. Diese Regionen, bekannt als Rojava (Westkurdistan), grenzen sich von den kurdischen Gebieten in der Türkei, dem Iran und dem Irak ab. Sie werden von der Partei der Demokratischen Union (PYD) verwaltet, die enge Verbindungen zur kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei unterhält. Und diese wird nicht nur von den Türken, sondern auch von vielen westlichen Staaten als „Terrotisten“ katalogisiert.
Die Türkei verfolgt laut einem türkischen Politologen zwei zentrale Ziele mit ihrem Vorgehen gegen die Kurden in Nordsyrien: die Schwächung der ideologisch verwandten kurdischen PKK im eigenen Land und die Verhinderung autonomer kurdischer Strukturen in der Region. Aber die Türkei hat schon einmal einst syrisches Gebiet sich selbst einverleibt – wer garantiert, dass das nicht auch wieder Ziel ist?
Das Verhältnis der Kurden zu anderen Rebellengruppen in Syrien, insbesondere dschihadistischen Gruppierungen wie Hayat Tahrir al-Scham (HTS), ist von tiefen ideologischen und politischen Gegensätzen geprägt. HTS, die derzeit die Übergangsregierung stellt, verfolgt eine radikal-islamistische Agenda, während die Kurden in Rojava eine säkulare, pluralistische Selbstverwaltung anstreben. Aus westlicher Perspektive wäre es eigentlich sinnvoll diese säkulare Ausrichtung zu stützen – aber das ist wohl eher eine Frage der Ratio, weniger der ideologischen Fixierung.

Willkürliche Hinrichtungen in Syrien (28.01.2025)

Mit den neuen Machthabern verbündete Kämpfer sollen innerhalb von drei Tagen mindestens 35 Menschen willkürlich hingerichtet haben. Bei den meisten der Hingerichteten habe es sich um frühere Beamte der Regierung des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad gehandelt. Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von willkürlichen Massenfestnahmen, grausigen Misshandlungen, Angriffen auf religiöse Symbole, Schändungen von Leichen und willkürlichen und brutalen Hinrichtungen von Zivilisten. Diese seien mit »beispielloser Grausamkeit und Gewalt« verübt worden. Laut der Organisation Civil Peace Group wurden Zivilisten in mehreren Dörfern der Region Homs Opfer des Sicherheitseinsatzes.
Das neue Regime reagierte demnach bereits: Dutzende Mitglieder örtlicher bewaffneter Gruppen, die unter der Kontrolle der neuen Machthaber stünden, seien wegen ihrer Beteiligung an den »Sicherheitseinsätzen« in der Region Homs festgenommen worden.
Das ging voraus: Rund 2700 Männer haben die islamistischen Rebellen nach ihrem Einmarsch in Homs verhaftet. Es sind fast alles ehemalige Militärs der geschlagenen Armee von Bashar al-Asad – und damit Angehörige der Sekte der Alawiten. Die Anhänger dieser Konfession gehören, wie die Christen, zu den Minderheiten in der sunnitisch geprägten Stadt. Weil viele von ihnen zu Asads Zeiten treu an der Seite des ebenfalls alawitischen Diktators standen, sind sie nun ins Fadenkreuz der neuen Machthaber geraten. Knapp zwei Monate nach dem Ende des syrischen „Bürgerkriegs“ droht im schwer geschundenen Homs deshalb ein neuer Konflikt. Im Alawitenviertel Zahra haben an jeder Strassenecke Kämpfer der neuen Regierung Stellung bezogen. Die Männer mit Sturmgewehren halten jedes Auto an. Manche Gassen, die in das ärmlich aussehende Viertel führen, haben sie mit Betonblöcken verbarrikadiert. Regierungsvertreter sagen, das diene dem Schutz der dort lebenden Bevölkerung. Doch die Anwohner trauen ihnen nicht. Denn die HTS-Patrouillen auf der Jagd nach Asad-Schergen sind nicht die Einzigen, die die Alawiten nachts aus ihren Betten zerren. Kriminelle Banden entführen auch ganz normale Bürger. Der Krieg in Homs war über lange Zeit hinweg auch ein Bruderkampf. Asad-treue Alawiten in der Stadt bildeten Milizen, die sogenannten Shabiha, die auf ihre sunnitischen Nachbarn losgingen. Deren Kämpfer wiederum ermordeten Alawiten.Nun scheint der Rachfeldzug weiterzugehen. Die Welt ist gut beraten, erst einmal abzuwarten und zu beobachten, wie viel Recht und Gerechtigkeit das neue Regime realisieren wird, bzw. in der Lage sein wird, zu realisieren.

Erfolg für Israels Justiz (28.01.2025)

Im Machtkampf mit der rechtsgerichteten israelischen Regierung hat die Justiz des Landes einen Erfolg erzielt. Das Richterwahlgremium bestimmte den als liberal geltenden Juristen Izchak Amit zum neuen Präsidenten des Obersten Gerichts. Justizminister Jariv Levin will die Wahl jedoch nicht anerkennen und nicht mit dem neuen Präsidenten zusammenarbeiten. Der Posten des Gerichtspräsidenten konnte mehr als 15 Monate nicht besetzt werden, weil Levin Medienberichten zufolge versucht hatte, Amits Wahl zu verhindern, indem er die Abstimmung immer wieder verzögerte. Amit ist ein liberaler Richter, den weder Levin, der zur Likudpartei von Premierminister Benjamin Netanjahu gehört, noch Mitglieder der rechtsextremen Parteien Otzma Yehudit und Religiöser Zionismus akzeptieren wollen.
Das Oberste Gericht ordnete schließlich die Abhaltung der Wahl an, der Levin und zwei weitere ebenfalls stimmberechtigte Mitglieder aus dem Regierungslager fernblieben. In den vergangenen Monaten hat Levin immer wieder dazu aufgerufen, die bereits einmal gescheiterte Umwälzung des Justizsystems in Israel neu zu starten. Die geplanten Gesetzesänderungen der rechts-religiösen Koalition hatten das ganze Jahr 2023 über Massenproteste im ganzen Land entfacht, die einen tiefen Konflikt in der israelischen Gesellschaft aufzeigten.
Wie zerstritten Israels Politik inzwischen ist, mag eine Äußerung von Oppositionsführer Yair Lapid zeigen: Er kritisierte den Justizminister im Anschluss für seine Äußerungen scharf und schrieb auf X: »Yariv Levin hat nichts als Zerstörung und Verwüstung gebracht. Wie üblich betreibt er kriminelle Erpressung und droht, Leute in den Obersten Gerichtshof zu bringen, die die israelische Demokratie zerschlagen wollen.« Der ehemalige Staatsanwalt Mosche Lador hatte die Piloten der israelischen Luftwaffe aufgefordert hatte, sich nicht mehr für den Reservedienst zu melden, wenn die Regierung die Justizreform wieder aufleben lässt. Ist Israel wirklich auf dem Weg sich selbst handlungsunfähig zu machen? Augenblicklich scheinen die Fronten in der Knesset mehr als verhärtet. Die Regierung hatte dem Gericht die Möglichkeit nehmen wollen, gegen „unangemessene“ Entscheidungen der Regierung, des Ministerpräsidenten oder einzelner Minister vorzugehen. Diese Macht des Obersten Gerichts, im Rahmen einer Gewaltenteilung ein ganz „normales“ Moment, war und ist der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und vor allen Dingen auch seinen nationalistischen strengreligiösen und auch rechtsextremen Koalitionspartnern ein Dorn im Auge.

Trump sagt, was Viele in Israel denken (27.01.2025)

US-Präsident Donald Trump sprach sich nun dafür aus, den verwüsteten Gazastreifen zu räumen und die dort lebenden Palästinenser in arabischen Ländern unterzubringen. Er wolle, dass Ägypten und Jordanien Menschen aufnähmen, sagte Trump an Bord der Regierungsmaschine Air Force One laut mitreisenden Journalisten. Man spreche von anderthalb Millionen Menschen, „und wir säubern das Gebiet einfach gründlich“, sagte Trump. Natürlich ist klar: Der Vorschlag von US-Präsident Trump zur massenhaften Umsiedlung von Palästinensern aus dem Gazastreifen nach Jordanien und Ägypten stößt sowohl bei der radikal-islamischen Hamas als auch bei Jordanien auf Ablehnung. Man werde solche Angebote und Lösungen nicht akzeptieren, selbst wenn sie unter dem Deckmantel des Wiederaufbaus gut gemeint erschienen, sagte ein ranghoher Vertreter des Hamas-Politbüros. Auch Ägypten und Jordanien haben sich ablehnend zu Äußerungen von US-Präsident Donald Trump geäußert, wonach die Bewohner des Gazastreifens nach Ägypten und Jordanien umgesiedelt werden sollten. Trump hatte gegenüber Journalisten gesagt, der Gazastreifen sei buchstäblich eine Abrissbrache, und die Menschen stürben dort. Er habe bereits mit König Abdullah von Jordanien gesprochen und wolle in Kürze mit Ägyptens Präsident Sisi reden. Als mögliche Zahl hatte Trump eineinhalb Millionen Menschen in den Raum gestellt.
Es mag „naiv“ wirken, einen solchen Vorschlag zu machen. Doch das ist erstmals laut ausgesagt, was Viele in Israel klammheimlich schon lange wollen. „Naiv“ wirkt es, wenn der amerikanische Präsident sagt: „Fast alles ist zerstört und die Menschen sterben dort. Deshalb würde ich lieber mit einigen arabischen Ländern zusammenarbeiten und an einem anderen Ort Wohnungen bauen, wo sie vielleicht zur Abwechslung einmal in Frieden leben können.“ Die Umsiedlung könne „vorübergehend oder langfristig“ sein. Fast wirkt es so, als würde eine wohlmeinende Großmutter aus lauter liebender Zuneigung zu ihren Enkeln, denen empfehlen, schlicht und einfach an einem neuen Ort „von vorne“ zu beginnen. Doch nichts von liebender Zuwendung: Das israelische Ministerium für Geheimdienste hat bereits im Oktober 2023 einen Plan zur Umsiedlung von 2,3 Millionen Palästinensern aus dem Gazastreifen auf die ägyptische Sinai-Halbinsel ausgearbeitet. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu spielte daraufhin den Bericht des Ministeriums herunter. Es handele sich um ein hypothetisches Schriftstück, ein „Konzeptpapier“, hieß es. Das Dokument war auf den 13. Oktober datiert und war zuerst auf der lokalen Nachrichtenplattform „Sicha Mekomit“ veröffentlicht worden. Die palästinensische Bevölkerung solle demnach aus dem Gazastreifen in Zeltstädte im nördlichen Sinai in Ägypten umgesiedelt werden. Später sollen dauerhafte Städte und ein nicht näher definierter humanitärer Korridor errichtet werden. Innerhalb Israels soll eine Sicherheitszone eingerichtet werden, um den vertriebenen Palästinensern den Zugang zu verwehren. Was mit dem Gazastreifen nach der Evakuierung der Bevölkerung geschehen soll, geht aus dem Bericht nicht hervor.
Zu jener Zeit machte Ministerpräsident Netanjahu keinen Hehl aus seiner Absicht, den Gazastreifen nach Beendigung des Krieges mit der Hamas zu behalten. Auf die Äußerungen von US-Präsident Joe Biden, dass der Gazastreifen schließlich Teil der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland sein sollte, sagte er, die israelische Armee sei nicht in den Gazastreifen eingedrungen, um ihn der Autonomiebehörde zu übergeben.
Vor der Gründung des Staates Israel hatte der Gazastreifen eine Bevölkerung von 80.000 Menschen und eine Fläche von nur 360 Quadratkilometern. Nach der Gründung Israels zogen jedoch rund 160.000 Flüchtlinge dorthin. Nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens mit Israel im Jahr 1949 wurde der Gazastreifen von Ägypten verwaltet, doch die wachsende Bevölkerung – heute über 2,2 Millionen Menschen – und das häufige Eindringen von Flüchtlingen nach Israel, die versuchten, Hab und Gut aus ihren Dörfern zurückzuholen, stellte das eine Sicherheitsbedrohung für den jungen, entstehenden jüdischen Staat dar. Guter Rat war damals gesucht. Die Idee, Palästinenser auf dem Sinai anzusiedeln, ist deshalb seither immer wieder aufgegriffen worden. Schon im Jahr 1950 lehnte Ägyptens König Farouk ein Angebot der USA ab, die Sinai-Halbinsel zu kaufen, um dort palästinensische Flüchtlinge anzusiedeln, die nach dem Krieg von 1948 aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Wenig später erwog Präsident Gamal Abdel Nasser die Umsiedlung von etwa 60.000 Gazanern in den nördlichen Sinai. Seine Regierung arbeitete von 1953 bis 1955 mit der UNRWA zusammen, um das Projekt zu verwirklichen, doch wurde es von den Palästinensern in Gaza durch einen Aufstand, die so genannte März-Intifada, vereitelt. Nach einem israelischen Angriff auf den Gazastreifen, bei dem Dutzende ägyptischer Soldaten getötet wurden, gab Nasser den Plan auf. 1967 wies der britische Botschafter in Israel darauf hin, dass nach israelischer Auffassung eine dauerhafte Lösung der Gaza-Frage die Umsiedlung eines Teils der Bevölkerung außerhalb der Grenzen des Waffenstillstandsabkommens von 1949 beinhalten müsse. Auch im Jahr 2000 schlug der israelische General Giora Eiland, Leiter der Planungsabteilung der israelischen Armee und Direktor des Nationalen Sicherheitsrates, erneut vor, die Bewohner des Gazastreifens im nördlichen Sinai unterzubringen. Während des aktuellen Krieges ist die Idee, die Bewohner des Gazastreifens in den nördlichen Sinai umzusiedeln, wieder aufgekommen.
Im Januar 2024 sprach sich die israelische Geheimdienst-Ministerin Gila Gamliel dann für eine „freiwillige Auswanderung“ aus.Hintergrund ihrer Forderung: Angeblich möchten Tausende von Palästinensern aus dem Gaza-Streifen weg, zahlten dafür Unmengen an Schmiergeldern für Schleuser – und diese Situation sollte beendet werden. Als Begründung für ihren Vorschlag sagte Gamliel, viele Menschen im Gazastreifen lebten ohne Hoffnung: Deren Führer bevorzugten Krieg gegen Israel, anstatt für ein besseres Leben der Bevölkerung zu sorgen. Viele wollten den Gazastreifen verlassen, doch das gehe nur mit Schmiergeldzahlungen, die derzeit in Höhe von 10.000 US-Dollar fällig würden. Gerade aus diesem Grund müsse die Weltgemeinschaft „die Türen öffnen“, forderte die Ministerin: Diejenigen, die es sich wünschen, sollen das Gebiet verlassen dürfen. Wenn die Weltgemeinschaft sich wirklich um die Palästinenser sorge, könnte sie bei der Auswanderung helfen, meinte Gamliel. Das Geld sei so besser angelegt als bei dem UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), das den Palästinensern in den vergangenen Jahrzehnten keine Hilfe gewesen sei. Der Vorschlag der Ministerin scheint in der israelischen Bevölkerung auf Zustimmung zu stoßen. Laut einer bei der Konferenz präsentierten Umfrage sind 76 Prozent der Israelis für eine „freiwillige Transfer-Auswanderung“ in andere Länder. Außerdem zeigte die Umfrage, dass 74 Prozent der Befragten gegen eine „Zwei-Staaten-Lösung“ sind, während sich 20 Prozent dafür aussprachen.
Ein weiteres Problem, das die Lage verkompliziert: Im Dezember 2024 kampierten Israelische Siedler in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen und beanspruchten das palästinensische Gebiet für sich. Auch kein neues Phänomen. Zwar gab es im Gazastreifen in der Vergangenheit eine Reihe israelischer Siedlungen, doch seit deren Auflösung im Jahr 2005 galt die Idee einer Rückkehr in das palästinensische Gebiet als Wunschtraum, den nur die radikalsten Aktivisten der Siedlerbewegung und extremistische Politiker am Rande für möglich gehalten hatten. Das hat sich nun geändert, begünstigt durch den Kontext des Krieges und die Anwesenheit ultrarechter Mitglieder im israelischen Kabinett von Premierminister Benjamin Netanjahu. Die langjährige Anführerin der Siedlerbewegung forderte Mitte Oktober 2024 während einer nationalistischen Konferenz, nahe der Grenze, die vollständige Auslöschung der Enklave. Infolge des Angriffs vom 7. Oktober hätten die Palästinenser »ihr Recht« verloren, im Gazastreifen zu leben, behauptet sie. »Sie werden nicht hier bleiben, sie werden in andere Länder gehen, wir werden die Welt davon überzeugen«, versprach sie und fügte hinzu, dass sie durch Israelis ersetzt werden würden. »Die Juden werden nach Gaza gehen, und die Araber werden aus Gaza verschwinden.« An der Veranstaltung nahmen sowohl Ben-Gvir und Smotrich als auch andere hochrangige Minister und mehrere Likud-Mitglieder teil.

Israel kündigt dem Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (25.01.2025)

Nach dem Massaker vom 07. Oktober 2023 der Hamas wirft die Regierung in Jerusalem der UNRWA Mittäterschaft vor. Nun hat Israel das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA aufgefordert, seine Arbeit in Jerusalem bis zum 30. Januar einzustellen und die Stadt zu verlassen. UNRWA kümmert sich bereits seit Jahrzehnten speziell um die Belange palästinensischer Flüchtlinge und betreibt unter anderem Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Insgesamt arbeiten mehr als 30.000 Menschen für die Organisation, etwa 13.000 allein im Gazastreifen; damit ist die UNRWA der größte Arbeitgeber im Gazastreifen. Dort ist UNRWA für die humanitäre Versorgung von mehr als zwei Millionen Zivilisten, die unter den Folgen des Gaza-Krieges leiden, nach Ansicht der UN alternativlos. Israel wirft dem UN-Palästinenserhilfswerk vor, dass einige der Mitarbeiter an Terroraktivitäten der Hamas beteiligt gewesen seien. Das israelische Parlament hatte in der Folge per Gesetz ein Arbeitsverbot für UNRWA auf israelischem Staatsgebiet verhängt und israelischen Beamten verboten, mit der Organisation zu kooperieren.
Neue Enthüllungen zeigen, dass drei israelische Frauen während ihrer 471-tägigen Gefangenschaft zeitweise in UN-Flüchtlingsunterkünften festgehalten wurden. Romi Gonen, Emily Damari und Doron Steinbrecher, die am 7. Oktober 2023 von der Hamas entführt wurden, berichteten nach ihrer Freilassung, dass sie teilweise in Einrichtungen des umstrittenen Palästinenserhilfswerks UNRWA (United Nations Relief and Works Agency) untergebracht waren. Die Frauen gaben an, dass ihre Entführer die UN-Unterkünfte gezielt als Versteck nutzten, weil sie davon ausgingen, dass diese von israelischen Streitkräften nicht angegriffen würden. Durch diese Taktik verschafften sich die Terroristen nicht nur einen sicheren Ort für ihre Geiseln, sondern auch Schutz für sich selbst. Die Vorwürfe reihen sich in eine Serie von Enthüllungen ein: Israel hatte 19 UNRWA-Mitarbeiter der Beteiligung an den Terroranschlägen vom 7. Oktober beschuldigt. Neun wurden daraufhin entlassen. Unbestätigten Schätzungen zufolge sollen etwa zehn Prozent der UNRWA-Belegschaft Mitglieder von Terrororganisationen sein. Ein massiver Vorwurf. Doch ein unabhängiger Expertenbericht zu Terrorvorwürfen entlastete das Hilfswerk im April 2024. Im Auftrag der Vereinten Nationen hat die ehemalige französische Außenministerin Catherine Colonna am 23. April 2024 nach gut zwei Monaten Untersuchung gemeinsam mit weiteren unabhängigen Experten einen 48-seitigen Bericht vorgelegt. Der Bericht bescheinigte UNRWA einerseits, es habe ein besser entwickeltes System als andere UN-Organisationen oder Agenturen, um die Einhaltung des humanitären Grundsatzes der Neutralität zu gewährleisten. Doch der Bericht stellte auch Verbesserungsbedarf bei der Einhaltung der Neutralität durch UNRWA fest. Empfehlungen waren u.a. eine genauere Überprüfung aller Mitarbeiter und ein besserer Schutz der UNRWA-Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser vor missbräuchlicher militärischer Nutzung. Beweise für die Vorwürfe der Beteiligung von UNRWA-Mitarbeitenden an der Terrorattacke am 7. Oktober 2023 und für eine Hamas-Unterwanderung der Organisation habe UNRWA bis heute nicht erhalten, betonte Colonna damals. Aus Israel kam deutliche Kritik an dem Untersuchungsbericht.
Ob Hamas-Sympathisanten tatsächlich für UNRWA arbeiten, lässt sich nicht wirklich ermitteln. Die einzigen, formal nachvollziehbaren Quellen sind bislang die israelischen Geheimdienstberichte.
Israel will nun die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen mithilfe anderer Organisationen gewährleisten. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini schrieb zuletzt auf der Plattform X: „Unsere Teams sind in der Zwischenzeit entschlossen, zu bleiben und zu liefern.“ Er übte erneut scharfe Kritik an Israel. Das Verbot sei „Teil umfassenderer Bemühungen, die palästinensische Geschichte und Identität auszulöschen“.
UNRWA verteilt Hilfsgüter, versorgt Menschen in Flüchtlingslagern und betreibt Schulen und Krankenhäuser im Gazastreifen, im Westjordanland, in Syrien, im Libanon und in Jordanien. UNRWA zufolge lebten mehr als 1,5 Millionen palästinensische Flüchtlinge in einem Flüchtlingslager. Finanziert wird das Hilfswerk zu fast 90 Prozent von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen. Die übrigen zehn Prozent kommen von den Vereinten Nationen selbst, von Unternehmen und Stiftungen. 2022 wurden dem Hilfswerk 1,17 Milliarden US-Dollar zugesagt. Die mit Abstand größten Geberländer sind die USA und Deutschland, die die Organisation 2022 mit 343 Millionen US-Dollar beziehungsweise 202 Millionen US-Dollar unterstützten. Internationale NGOs, darunter die Caritas und Oxfam, und andere UN-Organisationen, wie das Kinderhilfswerk UNICEF und die Weltgesundheitsorganisation (WHO), appellierten UNRWA weiter zu unterstützen.

Russische Marine verliert ihren Hafen in Syrien (24.01.2025)

Syrien hat einen Vertrag mit Russland aufgekündigt, der Moskau die Nutzung des Hafens von Tartus übertragen hatte.Wie syrische Medien übereinstimmend berichten, ist ein Abkommen von 2019 außer Kraft gesetzt worden, das einer russischen Firma den Betrieb des Hafens für 49 Jahre garantierte. Als Grund wird offiziell eine Restrukturierung des Hafens angegeben. Der russischen Betreiberfirma wurde vorgeworfen, die Anlagen nicht ausreichend gewartet zu haben. Die Einkünfte aus dem Betrieb sollen in Zukunft wieder Syrien zugutekommen. Das Informationsministerium in Damaskus bestätigte, dass alle Einkünfte aus dem Hafen ab sofort dem syrischen Staat zufließen sollen. Die Entscheidung der HTS, die finanzielle Beteiligung Russlands in Tartus zu beenden, deutet darauf hin, dass die HTS beabsichtigt, die syrische Kontrolle über den Hafen wiederzuerlangen, was es unwahrscheinlich macht, dass Russland dort eine militärische Präsenz aufrechterhalten wird.
Man wolle, so die Syrer, zudem die Zollgebühren um 60 Prozent senken, um den Standort wieder attraktiver zu machen. Angeblich soll der Druck der EU wesentlich zu dieser Veränderung beigetragen haben. Außenministerin Annalena Baerbock habe sich auf ihren Reisen nach Damaskus und Riad klar für einen Abzug der russischen Truppen aus Syrien eingesetzt.
Tartus hat eine wichtige strategische Lage am Mittelmeer. Russland hatte den Hafen 2017 übernommen und einen Teil davon als Basis für seine Kriegsschiffe verwendet. Russland konnte den Hafen auch nutzen, um seine Mittelmeerflotte zu warten. Dafür bekam es Sonderrechte. Nicht unmittelbar klar ist, ob der Schritt auch ein Ende der militärischen Präsenz der russischen Marine in Syrien bedeutet. Seit dem Sturz von Machthaber Baschar al Assad gab es vermehrt Berichte, dass die Russen Waffen aus Syrien über Tartus außer Landes gebracht haben.
Gegenleistung für die Schließung: Das bewegliche und unbewegliche Eigentum der russischen Armee genießt Immunität vor Durchsuchung, Beschlagnahme, Festnahme oder sonstiger Vollstreckungsmaßnahmen. Russland hatte bereits in den Tagen nach dem Fall des Assad-Regimes begonnen, Truppen und Material aus Syrien abzuziehen. Die Hmeymim-Militärbasis, eine Basis der russischen Luftstreitkräfte in Syrien, gelegen im nördlichen Bereich des Internationalen Flughafens Basil al-Assad von Latakia im Westen des Landes, deren Nutzung ebenfalls für 49 Jahre vereinbart ist, bleibt vorläufig unter russischer Verfügung. Allerdings ist es unklar, ob Russland die Einrichtung weiter benutzen darf.
Die Beziehungen zwischen Russland und Syrien sind geprägt von einer langjährigen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Partnerschaft, die bis in die Zeit des Kalten Krieges zurückreicht. Ganz im Hintergrund stehen sicherlich auch noch Momente aus der Zeit, da Syrien, gemeinsam mit Ägypten den Versuch einer sozialistischen Union in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts zu realisieren versuchte. Wie auch immer: die Zeit der engen Kooperation scheint zu Ende zu gehen. Wie der Akt der Hafenschließung sonst noch zu werten ist, wird die Zukunft zeigen müssen; ob mit der Abwendung von Russland auch zugleich eine Zuwendung zum Westen verbunden sein wird, ist und bleibt offen; bislang sind die Zeichen noch nicht deutlich genug, bzw. widersprüchlich: Die islamistische Übergangsregierung hat seit dem Sturz von Assad unterschiedliche Signale in Richtung Moskau gesandt: Als einer der ersten ausländischen Diplomaten besuchte der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha die neue Führung in Damaskus. Die sprach damals davon, eine strategische Partnerschaft mit der Ukraine eingehen zu wollen. Andererseits betonte der de-facto-Machthaber des Landes, Ahmed al-Scharaa jedoch auch, dass Russland eines der mächtigsten Länder der Welt sei. „Wir wollen nicht, dass Russland Syrien auf die Art und Weise verlässt, wie manche es gerne hätten“, sagte er in seinem ersten großen Fernsehinterview gegenüber dem saudischen Sender Al-Arabija. Syrien werde sich nicht unter Druck setzen lassen.
Ein wichtiges Ziel der Übergangsregierung in Syrien ist, dass die Sanktionen gegen ihr Land schnell aufgehoben werden. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos sagte der neue syrische Außenminister Assad al-Schaibani, der Grund für die Sanktionen sitze inzwischen in Moskau – gemeint ist Langzeitherrscher Assad, dem die russische Regierung Asyl gewährt hat. Dass er damit einen Hinweis zur Lockerungen der Sanktionen geben wollte, ist mehr als klar. Was dem Westen aber eine Neuausrichtung schwer machen dürfte, ist das Phänomen, dass Syrien sich noch immer nicht so positioniert hat, dass man eine zukünftige Entwicklung erahnen könnte. Anfang kommender Woche wollen die Außenminister der Europäischen Union über eine Aufhebung der von der EU-verhängten Sanktionen gegenüber Syrien beraten. Ob sich da dann etwas bewegen wird, ist mehr als unklar, da Syrien noch immer als „uneinschätzbar“ gilt.
Der Hafen von Tartus war für die russischen Seestreitkräfte die einzige Basis im Mittelmeer und ein wichtiger Knotenpunkt, um in Nordafrika zu agieren und Marineschiffe in der Region zu versorgen und reparieren. Mit der Kündigung des Nutzungsvertrags dürfte die Präsenz Russlands im Mittelmeer eine deutliche Reduzierung erfahren haben. Sicher ist, dass der Hafen von Tartus ein wichtiger Stützpunkt für die russische Marine im Mittelmeer war und sein Verlust ein harter Schlag für Putins Seestreitkräfte sein könnte. Schon Mitte Dezember verlegte Russland, ohne offizielle Ankündigung, mehrere Kriegsschiffe, die vor Tartus vor Anker lagen, an unbekannte Orte. Die nun erfolgte Vertragskündigung kam daher, wie es scheint, nicht überraschend.
Möglicherweise hat Syrien mit diesem „kleinen Schritt“ dem Westen mehr geschenkt als Syrien sich selbst eingestehen kann und möchte. Die weiteren Entwicklungen sind es jedenfalls wert, weiter beobachtet zu werden.

Repräsentative Verfassung für Syrien ? (24.01.2025)

Die Übergangsregierung in Syrien will sich nach Aussagen ihres Außenministers Asaad al-Schaibani für die Inklusion aller Bevölkerungsgruppen im Land einsetzen. Niemand sollte aufgrund seiner Herkunft, seines sozialen oder religiösen Hintergrunds oder einer Zugehörigkeit zu bestimmten Bevölkerungsgruppen bestraft werden, sagte Al-Schaibani beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Al-Schaibani hat eine Verfassung versprochen, in der sich alle Bevölkerungsgruppen des Landes wiederfinden. Zur Rolle der Frauen sagte er zudem, dass sie ein entscheidender Faktor beim Aufbau des neuen Syriens und der Zukunft des Landes seien. Schon jetzt seien führende Rollen in der Übergangsregierung mit Frauen besetzt worden, unter anderem auch die Direktorin der Zentralbank, Maysaa Sabrine. Der neue syrische Außenminister sprach sich außerdem erneut für ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen sein Land aus. „Die Aufhebung wirtschaftlicher Sanktionen ist der Schlüssel für die Stabilität Syriens“, sagte der Minister in einem Gespräch mit dem ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair in Davos. Die gegen den inzwischen gestürzten syrischen Machthaber Baschar al-Assad gerichteten Sanktionen seien einst zum Wohle der Syrer verhängt worden, schadeten aber nun dem syrischen Volk. Die internationale Gemeinschaft ist jedoch zögerlich.
Die neuen Machthaber in Syrien haben die Verfassung und das Parlament nach eigenen Angaben für drei Monate außer Kraft gesetzt. Die derzeitige Verfassung stammt aus dem Jahr 2012. Sie legt nicht fest, dass der Islam Staatsreligion ist. Im Hintergrund dieser Verfassung das Anliegen der einstigen syrischen Diktatur, ebenso wie einst in der neueen Türkei, ein laizistisches Land zu haben, in dem die Religion und der Staat deutlich von einander getrennt sind, was auch durch die Jahrzehnte sich als durchaus wertvoll gezeigt hatte, wenn es auch immer wieder Momente des Unrechts gab.
Nun soll eine UN-Resolution die Lösung bringen: Die Resolution 2254, die der UN-Sicherheitsrat 2015 verabschiedete, skizziert, wie der syrische Bürgerkrieg beendet und das Land zur Demokratie geführt werden könnte. Aber ist diese Resolution noch zeitgemäß? Als der syrische Bürgerkrieg 2015 immer brutaler und blutiger wurde, verabschiedeten die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats die Resolution 2254 einstimmig. Sie war als Grundlage für Waffenstillstandsgespräche gedacht und setzt sich für einen friedlichen Übergang der Macht von der Diktatur zur Demokratie ein. Die Resolution 2254 sah vor, dass mit einem Waffenstillstand eine Übergangsregierung eingesetzt und eine neue Verfassung ausgearbeitet werden sollte. Oberstes Ziel war es, Assads Machtherrschaft zu beenden sowie freie und faire Wahlen abzuhalten. Dieser Prozess sollte zwar unter syrischer Führung erfolgen, aber von den Vereinten Nationen unterstützt werden. Die Resolution verpflichtet Syrien zu territorialer Integrität, nationaler Unabhängigkeit, gesellschaftlicher Einheit und einem nicht-sektiererischen Regierungssystem. Aber: Ist die Resolution 2254 noch gültig? Hat sich nicht die Ausgangslage zu extrem verändert? Besteht nicht zu Recht die Frage: „Die Anwendung der Resolution 2254 fühlt sich heute an, als würde man Medikamente für eine Krankheit verschreiben, die nicht mehr existiert“?
Tatsächlich sind einige Details der Resolution inzwischen überholt. So fordert sie die Teilung der Macht zwischen der syrischen Opposition und der syrischen Regierung unter Assad. Doch die existiert nicht mehr. Und die aktuellen Machthaber befürchten, dass die Resolution 2254 ausländische Kräften als Vorwand dienen könnte, sich in Syrien einzumischen, wie es schon immer gewesen war. Und das betrifft nicht nur Amerika, die EU oder Russland: die Türkei und Israel sind schon dabei Fakten zu schaffen, unumkehrbare.
Von daher ist die Kalkulation bis zu vier Jahre verstreichen zu lassen, bevor eine neue Regierung, auf der Basis einer dann neuen Verfassung, gewählt werden kann, als nicht realitätsgemäß. Sicherlich ist es nötig, sich Zeit zu nehmen, um die komplexen Momente des Landes in eine solche Verfassung fließen zu lassen und Rechte auch von Minderheiten deutlich festzulegen, aber das wird auch in rascheren Schritten möglich sein und notwendig werden. Syrien ist wirtschaftlich so tief am Boden, dass umgehend neue Schritte begonnen werden müssen, ohne dabei politische „Schnellschüsse“ abzufeuern, die der Zukunft des Landes nicht zuträglich wären.

Libanon: Setzt Israel sich fest? (24.01.2025)

Im Wesentlichen ist alles so gekommen, wie es kommen sollte: Die Hisbullah hat sich weit hinter den Litani-Fluss als Demarkationsgrenze zurückgezogen, Israel die so entstandene „Pufferzone“ zwischen seiner eignen Landesgrenze und dieser Linie besetzt. Alles wäre bereit, nun diesen Puffer mit „neutralen Kräften“, konkret den Soldaten der libanesischen Armee zu polstern. Doch, wie es aussieht, plant Israel keinen Rückzug. Stattdessen sieht es so aus, als würde das israelische Militär sich anschicken, sich in den Dörfern, Tälern und auf den Hüngeln einzugraben und fest einzurichten. Die libanesische Hisbollah hat deshalb vor einem verzögerten Abzug der israelischen Armee aus dem Südlibanon gewarnt. Sollten die israelischen Bodentruppen nicht bis Sonntag abgezogen sein, wäre das ein Bruch der Vereinbarung über eine Waffenruhe, schrieb die proiranische Miliz. Sie reagierte auf Medienberichte, Israel habe die USA um eine Verlängerung der eigentlich am Sonntag ablaufenden Frist um 30 Tage gebeten. Die USA gehören zu einer Gruppe von Ländern, die die Einhaltung der Ende November vereinbarten Waffenruhe überwachen soll. Nach israelischen Angaben ist es wieder einmal die libanesische Armee, die schuld an allem ist: sie rückt nicht schnell genug in den Puffer nach. Nun gilt die libanesische Armee wirklich nicht als die schlagkräftigste unter den Armeen der Welt. Doch scheint Israel auch hier wieder einmal etwas vorzuschützen, was den eigenen Zielen dienen kann: ein weiteres „besetztes Gebiet“ an den eigenen Rändern.

Israelische Bauarbeiten auf den Golanhöhen (24.01.2025)

Die israelische Armee führt einem britischen Medienbericht zufolge Bauarbeiten in der entmilitarisierten Pufferzone aus, die die von Israel besetzten Golanhöhen von Syrien trennt. Der BBC-Bericht bezieht sich dabei auf ein neues Satellitenbild des Gebiets, das dem Sender zur Verfügung gestellt wurde. Die Bauarbeiten finden demnach in einem Bereich statt, der gemäß dem Waffenstillstandsabkommen von 1974 unter UN-Überwachung steht. Israels Armee war nach dem Sturz von Syriens Machthaber Baschar al-Assad Anfang Dezember in die Pufferzone eingedrungen und erwägt offensichtlich eine längerfristige Kontrolle des Gebiets. Die Führung in Jerusalem möchte nach eigenen Angaben verhindern, dass bewaffnete Gruppen von dem Höhenplateau aus Israel angreifen können. Die Arbeiten scheinen demnach zu Beginn dieses Jahres begonnen zu haben. Die arabischen Golfstaaten hatten Israel bei einem Gipfel Ende Dezember zum Rückzug aus Syrien aufgefordert. Die Besatzung stelle einen schweren Verstoß gegen das internationale Völkerrecht dar, hieß es in der Abschlusserklärung eines Gipfeltreffens des Golf-Kooperationsrates in Kuwait. Die internationale Gemeinschaft sei in der Verantwortung, die Angriffe auf syrisches Territorium zu stoppen und sich dafür einzusetzen, dass Israel sich aus den von ihm besetzten syrischen Gebieten zurückziehe. Doch, wie die Erfahrung zeigt, wird nicht damit zu rechnen sein, dass diese Aufforderung Israel wird stoppen können. Was stört Israel internationales Recht?

Israels „biblisches Recht“ auf das Westjordanland (23.01.2025)

Elise Stefanik, Trumps Wunsch-Kandidatin als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, wurde von einem demokratischen Senator die Frage gestellt, ob sie die Ansichten einiger rechtsextremer israelischer Politiker teile, dass Israel ein „biblisches Recht auf das gesamte Westjordanland“ habe. „Ja“, antwortete die glühende Trump-Anhängerin. Diese Aussage bedeutet eine radikale Wende zur Haltung der bisherigen US-Regierung unter Joe Biden. Wie andere westliche Länder forderte Biden von Israel die Einstellung des Siedlungsbaus im Westjordanland, um einem Frieden mit den Palästinensern näherzukommen. Die bereits bestehenden Siedlungen im Westjordanland gelten laut einer UN-Resolution von 2016 als Verstoß gegen internationales Recht und Hindernis auf dem Weg zu einer Lösung des Nahost-Konflikts. Doch bereits in Trumps erster Amtszeit als US-Präsident von 2017 bis 2021 war der israelische Siedlungsbau im Westjordanland sprunghaft angestiegen. Trump hat nun als eine der ersten Amtshandlungen nach seiner Amtseinführung am Montag die Sanktionen gegen extremistische Siedler im Westjordanland aufgehoben. Diese wurden von Präsident Joe Biden verhängt. Zeitgleich: In der israelischen Regierung hat man noch nicht Abstand genommen von der Idee, sich das besetzte Westjordanland einzuverleiben. Im Hintergrund stehen religiöse Vorstellungen von „Gottes Land“, welches durch Gott selbst dem jüdischen Volk geschenkt worden war. Orthodoxe und ultraorthodoxe Juden halten an dieser Vorstellung unverbrüchlich fest und leiten daraus ihr Recht auf dieses Gebiet ab.
Anders sieht das die säkulare Weltgesellschaft: Fast 60 Jahre hält Israel palästinensische Gebiete besetzt. Ein Verstoß gegen internationales Recht, sagt das höchste UN-Gericht. Auch die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten verstoße gegen internationales Recht. Israel mache sich faktisch der Annektierung schuldig, stellt der Internationale Gerichtshof in Den Haag in einem Rechtsgutachten vergangenes Jahr ausdrücklich fest. Dieses Gutachten ist rechtlich nicht bindend. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu kritisierte die Einstufung des Internationalen Gerichtshofs – die palästinensische Seite begrüßte dagegen das Gutachten.
Die Kluft zwischen überkommenen religiösen Ideen und heutigen säkularen Vorstellungen von Völkerrecht kann kaum größer sein. Hier treffen völlig verschiedene Verständnisse von Welt und Sinn aufeinander. Nun scheint sich auch die USA auf die Seite der religiösen Fundamentalisten zu stellen; nicht unbedingt verwunderlich, wenn man sich die religiösen Fundamentalisten in USA selbst anschaut; auch dort ist oft die Ideologie mächtiger als die Ratio.
Der Generaldirektor des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem, Sami Al-Yousef, hat, mit Blick auf die besetzten palästinensischen Gebiete im Westjordanland gewarnt vor Plänen der rechtsnationalen israelischen Regierung hinsichtlich einer teilweisen oder vollständigen Annektierung. Als Desaster bezeichnete der Patriarchatsdirektor die Lage im von Israel besetzten Westjordanland. Die gegenwärtige israelische Regierung betreibe eine Politik, die die wenigen verbliebenen Errungenschaften der Oslo-Abkommen zerstöre und darauf abziele, eine israelische Herrschaft über die palästinensischen Gebiete zu etablieren. Die größten Herausforderungen für die Palästinenser sind laut Al-Yousef die stark gestiegene Siedlergewalt und eine katastrophale Wirtschaftslage. Der Zusammenbruch des Tourismus und Pilgerwesens und die Aufhebung von rund 150.000 Arbeitserlaubnissen für Palästinenser in Israel sorgten für eine nie dagewesene Arbeitslosenrate, gerade unter palästinensischen Christen. Für den öffentlichen Sektor komme hinzu, dass die finanziell ohnehin angeschlagene Palästinensische Behörde durch Israels Stopp von Steuertransfers nicht oder nur sehr eingeschränkt in der Lage sei, Gehälter zu zahlen. Davon betroffen seien rund 180.000 Mitarbeiter.

Israel erwägt Waffenlieferungen an die Ukraine (23.01.2025)

Die stellvertretende israelische Außenministerin Sharren Haskel hat dem ukrainischen Botschafter Jewhen Kornijtschuk vorgeschlagen, die von Israel im Libanon von der Hisbollah beschlagnahmten russischen Waffen an die Ukraine zu übergeben. Ein Großteil der Waffen der schiitischen Terrororganisation stammt aus russischen Beständen. Zudem kooperiert Russland auch eng militärisch mit dem Iran, der wiederum Hauptunterstützer der Hisbollah war und ist. Bislang hat sich der jüdische Staat in Sachen Solidarität mit der Ukraine jedoch zurückhaltend gezeigt. Um seine Beziehungen zu Russland nicht zu gefährden, enthielt sich Israel der Stimme, als es 2014 in den UN um die Verurteilung der Krim-Annexion ging. Der UN-Resolution gegen die russische Vollinvasion der Ukraine 2022 stimmte Jerusalem zwar zu, doch weder übernahm es die Sanktionen der USA und EU, noch konnte es sich zu Waffenlieferungen an das überfallene Land durchringen. Die große Zahl russischer Einwanderer wie die massive Präsenz russischen Geldes in Israel bieten Erklärungsansätze für diese beharrlich prorussische oder doch zumindest gegenüber dem Kreml ambivalente Haltung. Zudem meinte man in Israel auch, mit Blick auf die Präsenz Russlands in Syrien, Zurückhaltung üben zu müssen; ein Punkt, der nun weggefallen ist. Es gibt somit für den jüdischen Staat nun keinen objektiven Grund mehr, warum er sich nicht aktiv an die Seite der Ukraine stellen sollte.
Über ideelle und moralische Motive hinaus liegt es im unmittelbaren strategischen Interesse Israels, der Ukraine im Rahmen seiner ökonomischen und militärischen Möglichkeiten zum Erfolg über den russischen Aggressor zu verhelfen. Denn eine militärische Niederlage Russlands in der Ukraine würde zugleich dem Iran einen heftigen Schlag versetzen, mit dem sich das Kreml-Regime in einer engen Kriegsallianz befindet. Israel kann überdies nicht länger den zunehmend offenen Antisemitismus überhören, der sich in der Propaganda Putins und seines Regimes artikuliert.
Die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) konnten in den letzten Monaten im Südlibanon mehr als 10.000 Hisbollah-Waffen beschlagnahmten. 70 Prozent der Munition stammt aus Russland, der Rest aus dem Iran. Seit Jahrzehnten hat die Hisbollah die Waffen gehortet und sich auf einen Überfall auf Israel nach einem ähnlichen Schema wie am 7. Oktober die Hamas vorbereitet. Befürchtet wird, trotz der bisherigen Erfolge im Libanon, dass die Hisbollah noch zehntausende Raketen, darunter Raketen mit großer Reichweite und zielgenauer Steuerung im Arsenal hat, die bislang nicht gefunden wurden.
Schon im Frühjahr 2023 hatte Israel die Lieferung von elektronischen Systemen zur Drohnenabwehr aus eigenen Beständen an die Ukraine genehmigt. Das war damals ein erster Kurswechsel. Mitte 2024 kam als neue Überlegung hinzu: Die Ukraine könnte ihre Luftverteidigung künftig mit ausgemusterten Systemen aus Israel stärken. Was aus der Idee wurde, ist nicht bekannt. Damals war man skeptisch, ob Israel die Luftverteidigungssysteme direkt an die Ukraine weitergeben wird, da es sich auch bisher bei möglichen Waffenlieferungen nach Kiew zögerlich gezeigt hatte. Überlegt wurde damals auch, durch unsere Bundesregierung die israelischen „Patriot“-Systeme für die Ukraine aufzukaufen. Nun hat sich in Israel wohl die Idee durchgesetzt die erbeuteten Waffen der Hizbullah aus dem Libanon an die Ukraine zu geben.

Ist HAMAS vernichtet? (22.01.2025)

Der US-Außenminister Blinken ging bereits im Mai 2024 nicht davon aus, dass Israel die Terrororganisation mit einer Großoffensive in Rafah vernichten würde. Bereits damals sagte Blinken weiter, dass Hamas-Terroristen bereits in bestimmte Gebiete im Norden des Gazastreifens zurückgekehrt seien, die zuvor von Israel schon als „befreit“ angesehen wurden. Selbst bei einem israelischen Großangriff im Gazastreifen auf Rafah würden Tausende Hamas-Anhänger übrig bleiben, sagte der US-Außenminister. Inzwischen scheinen die Vorgänge in Gaza der Hamas noch mehr junge Menschen zugeführt zu haben. Man sah es, als die ersten Geiseln jetzt nach dem Waffenstillstands-Ablkommen frei gelassen wurden: Jeeps mit uniformierten jungen Hamas-Kämpfern zuhaufe. Alle ausgestattet mit Schnellfeuergewehren, alle siegessicher.
Im September 2024 offenbarte Yayha Sinwar, der Chef der Terrororganisation, in einem Brief an die Hisbullah im Libanon, was er wirklich über einen Frieden mit Israel denkt: Die Hamas werde kämpfen, »bis die Besatzung besiegt und von unserem Land geschwemmt wurde und unser unabhängiger und souveräner Staat mit Jerusalem als Hauptstadt etabliert wurde«. Das zeugte nicht von einer Niederlage, auch wenn man Vieles dieser Aussage abrechnen muss und der Propaganda zurechnen wird müssen.
Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari hatte im Juni letzten Jahres in einem Fernsehinterview infrage gestellt, ob Israels Kriegsziele im Gazastreifen erfüllbar sind. Damals sagte er: „Die Hamas ist eine Idee, sie ist eine Partei. Sie ist in den Herzen der Menschen verwurzelt. Wer glaubt, wir könnten die Hamas ausschalten, der irrt sich.“ Und Hagari sagte auch, zu versprechen, „dass wir dafür sorgen, dass die Hamas verschwindet, bedeutet, den Menschen Sand in die Augen zu streuen“. Netanyahus Büro wies Hagaris Äußerungen umgehend zurück.
Die Verfügungsgewalt der Hamas über die Verteilung der Internationalen Hilfsgüter durch all die Monate, welche die israelische Armee sich weigerte zu übernehmen, dürfte ihren Anteil an der Schaffung einer neuen Wirklichkeit gehabt haben: Hamas zweigte nicht nur hinreichend Güter für die eigenen Kämpfer ab, sondern war auch in der Lage, damit neue Kämpfer zu aquirieren, weil deren Familien damit bevorzugt versorgt wurden. Das mag manchen in die Hände der Hamas getrieben haben. Sicher aber hat auch die Brutalität der israelischen Armee in Gaza das ihre dazu beigetragen: Wer Mütter, Schwestern und kleine Brüder verloren hat, neigt sicher nicht zuerst zu Vergebung und friedlichem Verhalten, sondern eher zur Bereitschaft sich zu rächen.
Ein weiterer Faktor, der zu dem anhaltenden Bestand der Hamas beigetragen hat, sind die Geiseln. Die israelischen Streitkräfte haben während des gesamten Konflikts umsichtig gehandelt und tun dies auch weiterhin, um die Geiseln nicht zu gefährden. Die Einsatzplanung der Bodenmanöver und der Einsatz von Feuerkraft wurden so berechnet, dass das Risiko für sie verringert wurde. Diese Vorsicht, zu Recht realisiert, hat aber wahrscheinlich dazu geführt, dass Einsatzmöglichkeiten verpasst wurden, und wird wahrscheinlich auch weiterhin das Vorgehen der israelischen Streitkräfte in Gaza beeinflussen.
Mit der vor mehr als 30 Jahren gegründeten Islamistengruppe ist also weiter zu rechnen, auch wenn sie Tausende Kämpfer und ihre wichtigsten Führer verloren hat. Etwa 20.000 bewaffnete Hamas-Mitglieder könnten nach Schätzungen des israelischen Militärs getötet worden sein. Genau weiß man es nicht. Was jetzt im Gazastreifen noch übrig ist, ist schwer zu zerstören. Israelische Experten schätzen, dass bis zu 40 Prozent der Tunnel noch intakt sind. Dort könnten weiterhin große Mengen an Waffen und Munition lagern. Zudem gibt es, so Angaben von Fachleuten, Orte im Gazastreifen, die Israel noch nicht betreten habe.
Israel konnte offensichtlich 15 Monate lang die Hamas militärisch nicht unterwerfen und schreckt gleichzeitig davor zurück, den Gazastreifen unter seine Militärherrschaft zu stellen. Möglicherweise gilt die Aussage: „Die Hamas-Maschine reproduziert sich selbst.“ Bislang ist ein wahres Ende noch nicht abzusehen.

Syrischer Außenminister erstmals in Davos (22.01.2025)

Syriens Übergangsaußenminister Assad al-Schaibani hat seine Teilnahme am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos bestätigt. „Es ist mir eine Ehre, Syrien zum ersten Mal in seiner Geschichte beim Weltwirtschaftsforum in der Schweiz zu vertreten“ erklärte al-Schaibani auf X. Zuvor hatte das Weltwirtschaftsforum al-Schaibanis Teilnahme bereits angekündigt. Nach WEF-Angaben wird er am Mittwochnachmittag eine Rede halten. Nach Jahren der internationalen Isolation bemüht sich die neue Führung in Syrien seit dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad weltweit neue diplomatische Beziehungen aufzubauen. Doch die geopolitischen Rahmenbedingungen des Treffens sind schwierig wie lange nicht: Russlands Krieg in der Ukraine, die wackelige Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen, die deutsche Wirtschaftsflaute und die ersten Amtstage des dann frisch vereidigten US-Präsidenten Donald Trump – sie alle werden das Davoser Spitzentreffen prägen. Und auch die Bundestagswahl wirft ihre Schatten voraus. Welche Rolle soll der „Neuling“ in diesen Runden spielen? Was wird von ihm erwartet werden? Wird man Bedingungen formulieren? Der Übergangsaußenminister wird sich sehr vorsichtig auf diesem, nicht nur ihm, sondern seiner gesamten Regierung, recht unbekanntem Pflaster bewegen müssen und sehr Acht geben müssen, nicht in irgendwelche Schlaglöcher zu geraten.
Das Weltwirtschaftsforum (WEF) ist eine Stiftung, die 1971 vom deutschen Wirtschaftswissenschaftler Klaus Schwab gegründet wurde. Sie finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und öffentliche Zuschüsse. Der Anspruch ist riesig: Das WEF will nach eigenen Angaben „den Zustand der Welt verbessern“. Zentrale Veranstaltung ist das Jahrestreffen in Davos, abgeschieden in den Schweizer Alpen. Seit Jahren nutzen außerdem Politiker aus aller Welt das Forum für Gespräche in informellem Rahmen – vielleicht das wirklich Wichtige beim Treffen. Das Treffen wird als zu elitär kritisiert, da viele der wirklich wichtigen Meetings hinter verschlossenen Türen stattfinden.
Das Motto in diesem jahr lautet „Zusammenarbeit für das intelligente Zeitalter“, auf dem offiziellen Programm stehen Cyberkriminalität, künstliche Intelligenz und technologische Veränderungen. Laut WEF reisen rund 900 CEOs und 60 Staats- und Regierungschefs an. Deutschland wird gleich dreimal vertreten sein, Scholz, Merz und Habek und jeder der Drei wird reden. Angekündigt hat sich auch der israelische Staatspräsident Izchak Herzog – ebenso der saudische Außenminister und der Vizepräsident des Iran. Am WEF nehmen über 2700 Gesandte aus 130 Ländern teil, unter ihnen 1600 Vertreter aus der Wirtschaft und 400 Medienschaffende aus dem In- und Ausland. Der grosse Abwesende in diesem Jahr ist der designierte US-Präsident Donald Trump. Er nimmt aber digital an dem Treffen teil. Seine bereits bekannt gemachten Positionen dürften massiv das Treffen bewegen. Schon zu Beginn hatte EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Eröffnung des WEF über den Zustand der globalen Wirtschaft gesprochen. Während der neue amerikanische Präsident Donald Trump droht, von ausländischen Handelspartnern Zölle zu erheben, warnte von der Leyen vor ebendieser Entwicklung. Handelsblockaden würden immer häufiger. Mehrfach sprach von der Leyen in ihrer Rede die Beziehungen der EU zu China an. Es sei an der Zeit, ein ausgewogeneres Verhältnis zu China zu schaffen. Auch der chinesische Vizeministerpräsident Ding Xuexiang warnte in einer Rede am Dienstag vor Protektionismus. Er sagte, die Staaten müssten sich für eine inklusive und globalisierte Wirtschaft einsetzen. Handelskriege brächten nur Verlierer, sagte Ding.

Hilfsgüter für den Gazastreifen (21.01.2025)

Seit dem 1. Januar sind nach Angaben der israelischen Behörde COGAT, bereits 1693 Lastwagen mit 32.530 Tonnen Hilfe für Gaza abgefertigt worden. Das ist der jüngste Stand der Dinge. In Nähe des ägyptischen Grenzübergangs Rafah stehen dem Ägyptischen Roten Halbmond zufolge mehr als 3000 Lkw bereit, um Hilfsgüter nach Gaza zu bringen. Viele Kilometer stauen sich in Rafah auf der ägyptischen Seite der Grenze zum Gazastreifen die Lkw mit Hilfsgütern. Auf vielen prangt das Logo des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen. Auch Transporte von NGOs wie World Central Kitchen sind dabei. Ihre Güter fahren die Trucker nicht direkt in den Gazastreifen – der Grenzübergang Rafah, der Ägypten mit dem Palästinensergebiet verbindet, ist für sie weiterhin geschlossen. Die Laster fahren in Rafah erst durch ein Nebentor – von wo aus sie dann zum nahen Grenzübergang Kerem Schalom auf der israelischen Seite geleitet werden. Dort wird die Ladung vom israelischen Militär durchsucht, ob tatsächlich nur Hilfsgüter dabei sind und unter den Decken keine Waffen versteckt werden. Nach der Kontrolle werden die Lkw entladen – auf palästinensischer Seite werden die Hilfsgüter von anderen Fahrern übernommen. Security first!
Unter den Fahrzeugen sind auch 15 LKW mit Treibstoff. Er ist dafür gedacht, Krankenhäuser und Notunterkünfte mit Strom zu versorgen. Von den einst zirka 40 Krankenhäusern im Gazastrifen ist kein einziges mehr voll einsatzfähig; alle, soweit sie überhaupt noch in Betrieb sind, müssen damit leben, dass einige Abteilungen nicht mehr in der Lage sind ihre Aufgaben zu erfüllen. Hamas hatte nahezu alle diese Einrichtungen als militärische Zentralen genutzt, was immer wieder zu Angriffen der israelischen Armee führen musste. Jetzt mangelt an Benzin, Wasser, Strom, Medikamenten und medizinischem Material, und es gibt keine Plätze in anderen Krankenhäusern, wohin man Patienten aus Kampfzonen evakuieren könnte. Es gibt keine Narkosemittel für Operationen und keine notwendigen medizinischen Ausrüstungen. Und das in allen Krankenhäusern in Gaza. Es gibt in den Krankenhäusern nichts mehr, was ein Mindestmaß an medizinischer Versorgung gewährleisten könnte, insbesondere für Dialysepatienten und Neugeborene. Das Gesundheitswesen ist nahezu komplett zerstört. Konsequenz: Viele werden deswegen vorzeitig sterben weil ihnen nicht ausreichend geholfen werden kann. Leider liegt der Blick der Weltöffentlichkeit nicht auf ihnen; anderes zieht die Aufmerksamkeit der Medien auf sich.
So kommt es dass schwangere Frauen derzeit keine oder kaum Möglichkeiten haben, eine Geburtsvor- oder -nachsorge in Anspruch zu nehmen. Viele von ihnen mussten mehrmals fliehen und ihr Gesundheitszustand ist durch Stress, Nahrungsmittelknappheit und schlechte hygienische Bedingungen beeinträchtigt. Aufgrund der Überlastung der Krankenhäuser gebären viele Frauen in provisorischen Zelten oder auf den Fluren der Krankenhäuser. Kinder kommen viel zu früh auf die Welt, Geburten finden unter schrecklichen Bedingungen statt oder es kommt zu Totgeburten. Operationen sind schwierig geworden; Betäubungsmittel fehlen, auch Material für die Nachsorge.
Wenn Sie helfen möchten:
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Welche Zwei-Staaten-Lösung??? (20.01.2025)

Eines der zentralen Konfliktfelder im Nahen Osten ist der ungelöste Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Im Kern geht es um territoriale Ansprüche auf das Gebiet zwischen Jordan und Mittelmeer. Der am 14. Mai 1948 gegründete Staat Israel erstreckt sich heute über 78 Prozent dieses Gebietes. Den restlichen Teil, die Palästinensischen Gebiete, hält Israel seit 1967 besetzt (Westjordanland, Ost-Jerusalem und Gazastreifen). Auf diesem überwiegend von Palästinensern aber auch israelischen Siedlern bewohnten Gebiet streben die Palästinenser ihrerseits einen unabhängigen Staat an, auf den sie aufgrund des Selbstbestimmungsrechts und diverser UN-Resolutionen auch einen Anspruch haben.

Auf den Seiten des Auswärtigen Amtes ist zu lesen: „Die am 7. Oktober 2023 durch den Terrorangriff der Hamas auf Israel ausgelöste Eskalation des Konflikts lässt die Zweistaatenlösung einerseits noch komplexer erscheinen, andererseits rückte diese wieder stärker in den Blick, wenn es um Bemühungen geht, nachhaltig Sicherheit, Frieden und Würde für beide Seiten zu gewährleisten.“ Des Weiteren ist dort zu lesen: „Bedingt durch seine Geschichte trägt Deutschland eine besondere Verantwortung gegenüber Israel als jüdischem und demokratischem Staat und für dessen Sicherheit. Gleichzeitig erkennt Deutschland das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser und ihr Streben nach einem eigenen Staat an. Deutschland und seine Partner sind überzeugt: Nur durch Verhandlungen ist das Ziel erreichbar, dass letztlich ein unabhängiger, demokratischer und lebensfähiger palästinensischer Staat Seite an Seite in Frieden und Sicherheit mit Israel lebt. Nur eine für beide Seiten akzeptable, verhandelte Zwei-Staaten-Lösung kann zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern führen.“

Nun fragt es sich aber inzwischen, wie eine solche, immer wieder beschworene, „Zwei-Staaten-Lösung“ aussehen soll: Knapp 700.000 jüdische Siedler haben sich inzwischen im Westjordanland festgesetzt in über 260 Siedlungen – das macht ca. 13% des Gebietes der sogenannten „Westbank“ aus. Das alles müsste geräumt werden, um ein eigenständiges Palästina zu errichten. Das machen die Siedler nicht mit – sicher nicht, und es gäbe zudem hinreichend Unterstützer für sie im Staat Israel selbst; politisch also nicht durchsetzbar.

Andere Überlegungen wollen die entstandenen Siedlungen bestehen lassen, diese durch „Korridore“ miteinander verbinden und den Rest, der dann noch bleibt, zu Palästina erklären. Pragmatisch nicht umsetzbar, denn wie sollten die Palästinenser in einem Land agieren, das durchzogen ist von unüberwindbarer „Korridoren“, die palästinensisches Land von palästinensischem Land trennen, wo palästinensische Gebiete, wie Inseln in einem Meer liegen würden, allerdings nicht frei mit Booten oder Schiffen erreichbar, sondern durch Stacheldraht getrennt.

Und ein Weiteres kommt hinzu: Israel hat 2024 so viel Boden im Westjordanland zu staatlichem Land erklärt, wie in den vergangenen zehn Jahren nicht. Insgesamt sind es knapp 5.900 Acre, beinahe 24 Quadratkilometer. Das ist Annektion in kleinen Schritten, welches aus „besetztem“ Gebiet Staatsgebiet macht, Israel vergrößert und „Palästina“ kleiner werden lässt. Israels Außenminister Gideon Saar hat, mit Blick auf die Amtseinführung von Präsident Trump am heutigen Tag, ausgeführt: „dass es um „umstrittene Gebiete“ gehe, „wenn wir einen Anspruch auf bestimmte Gebiete haben, vor allem auf die, in denen unsere Bürger leben“. Damit sind die bereits geschaffenen Realitäten als unumkehrbar definiert, losgelöst von allen völkerrechtlichen Grundsätzen.

Finanzminister Smotrich hat in der Jerusalemer Knesset vor Kurzem ausgeführt: „Das Jahr 2025 wird mit Gottes Hilfe das Jahr der Souveränität in Judäa und Samaria sein.“ Gemeint ist das Westjordanland – völkerrechtlich betrachtet besetztes palästinensisches Gebiet. Die israelische Regierung hingegen verwendet die biblischen Namen für die Region und untermauert damit ihre Vorstellung, dies alles stehe Israel zu. Der als neuer Botschafter der USA in Tel Aviv vorgesehene Mike Huckabee erklärte kürzlich: „So etwas wie einen Palästinenser gibt es nicht.“ Es gebe Araber und Perser – aber Palästinenser seien „ein politisches Werkzeug, um Israel Gebiete abzutrotzen“. Der evangelikale Christ Huckabee spricht selbst durchgängig von Judäa und Samaria statt vom Westjordanland. Die – völkerrechtlich illegalen – israelischen Siedlungen dort nennt er „Gemeinden“, die Besatzung – laut jüngstem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs ebenfalls illegal – gebe es gar nicht.

Eine sogenannte „Zwei-Staaten-Lösung“ steht auf geduldigem Papier, wird von Vielen der Mächtigen nicht gewollt, aber weiterhin als Absicht formuliert und vorgeschoben, um möglichst Zeit zu gewinnen, um noch mehr zu zementieren, von dem, was eh bereits „am Laufen“ ist. Und unsere europäischen Politiker, besonders in Deutschland, verschließen die Augen vor der Wirklichkeit und sprechen weiterhin von dieser „Zwei-Staaten-Lösung“ obwohl sie sehr genau wissen, dass diese nie und nimmer zu realisieren sein wird.

Hinzu kommt, dass innerhalb „Palästinas“ niemand weiß, wie ein solches eigenständiges „Palästina“ funktionieren soll; der eigenen Elite wird nicht über den Weg getraut; viel zu oft hat man die überall vorfindliche Korruption in all ihren Auswirkungen kennengelernt. Kein Palästinenser traut einem anderen zu, irgend etwas zum Wohl der Allgemeinheit tun zu wollen; jeder weiß, dass die anderen nicht anders sind, als man selbst: nur an den individuellen Interessen orientiert.

Was dann? Komplette Annexion? Das will Israel auch nicht, denn damit würde sich die Zahl der arabischen Bevölkerung im „neuen“ Israel so blitzartig nach oben verschieben, dass die Juden Angst haben, bald nicht mehr die Mehrheit im eigenen Land zu stellen. Die Sorge bestünde zu Recht. Und … Unmengen von jungen Arbeitskräften würden auf den israelischen Arbeitsmarkt strömen bzw. die Sozialkassen des Landes, soweit diese zuständig wären, ausschöpfen.

Die einfachste Lösung für Israel wäre es, wenn die Palästinenser sich „auflösen“ würden – am besten in Luft; einfach verschwinden, wenn nötig, auch nach Jordanien, Ägypten, Libanon oder sonst wohin. Auf keinen Fall in einem „eigenen, zweiten Staat“ aufgehen, denn wie sollte dieser, ohne Wirtschaft, ohne Struktur, ohne Perspektive – neben Israel – existieren?

Christen in Ägypten (18.01.2025)

Das Christentum in Ägypten hat eine lange Geschichte und ist tief verwurzelt. Fast 10 Prozent der 111 Millionen Einwohner des Landes sind Christen. Die meisten ägyptischen Christen gehören der koptisch-orthodoxen Kirche an, während etwa 2,5 Prozent der koptisch-katholischen Kirche und anderen Teilkirchen angehören. Die Regierung von Präsident Abdel Fattah El-Sisi hat in 2024 erstmals einen Christen in das Oberste Verfassungsgericht berufen und hat auch einen extremistischen muslimischen Priestermörder verurteilt. Doch die Stimmung im Land zielt noch immer nicht in Richtung Gleichberechtigung. Noch immer müssen Christen ihren Glauben geheim halten und sich aus Sicherheitsgründen nur in kleinen Hauskirchen treffen, obwohl inzwischen auch Kirchen nachträglich eine Baugenehmigung erhielten und sogar eine neue Kathedrale unter Anwesenheit des Präsidenten eingeweiht wurde. Dennoch wurden im April 2024 Im ägyptischen Ort Al-Fawakhir die Häuser mehrerer Christen angezündet, während sich diese darin aufhielten. Drei Stunden danach meldete der Bischof, dass die Sicherheitskräfte eingetroffen seien. Sie hätten die Situation unter Kontrolle gebracht und die „Anstifter und Täter“ festgenommen.
Antichristliche Gewalt kann in Ägypten allein schon durch Gerüchte ausgelöst werden, gemäss denen Christen versuchten, Kirchen zu bauen oder zu reparieren. Diese Feindseligkeit spiegelt das traditionelle Verbot des Kirchenbaus im islamischen Schariarecht wider. Präsident Al-Sisi stellt sich zwar als Beschützer der ägyptischen Christen dar, und tatsächlich sind Attentate gegen Christen seltener geworden; doch die Christen werden noch immer auf unterschiedliche Art und Weise verfolgt. Zum Schlimmsten zählen Entführungen, Zwangsverheiratungen und Zwangskonvertierungen. gegen die auch die Beörden machtlos erscheinen.
Doch das Oberhaupt der mit Rom unierten koptisch-katholischen Kirche, Patriarch Ibrahim Sidrak, sieht durchaus auch eine positive Entwicklung für die Christen in Ägypten: In den vergangenen zehn Jahren habe es echte Fortschritte gegeben. Es gebe „viel weniger Gewaltakte“ gegen Christen als in der Vergangenheit, auch erkenne der ägyptische Staat die Kirchen an. Die Lage habe sich im Vergleich mit 2012 fundamental geändert; damals waren mit Präsident Mohammed Mursi die Muslimbrüder an die Macht gekommen. Auch heute gebe es Fanatiker und Terroristen in Ägypten, aber diese „seien kaltgestellt“. Eine Gefahr, dass die Muslimbruderschaft wieder die Macht erlangen könnte, sieht der Patriarch nicht. Heute gibt 180 koptisch-katholische Schulen, die einen guten Ruf genießen, meint der Patriarch.Viele Muslime schickten ihre Kinder auf diese Schulen, unter den Absolventen seien auch heutige Regierungsmitglieder, betont er.
Leider ist die Lage der Christen in Ägypten nicht im Focus unseres „europäischen“ Sichtfeldes, auch, weil innerhalb der europäischen Kirchen die Lage der Christen dort kaum thematisiert wird.

Freilassung von palästinensischen Häftlingen (18.01.2025)

Es hört sich beeindruckend an: Israel lässt für 33 israelische Geiseln in Hamas-Händen, mehr als 700 Palästinenser frei. Abgesehen von der problematischen Rechnung wieviele Palästinenser ist ein Israeli „wert“, sollte man sich vor Augen halten, dass die inhaftierten Palästinenser auch Menschen sein können, die noch nichts Strafwürdiges angestellt haben. Wir wissen es nicht, weil Israel keine Details zur Freilasssung veröffentlicht, außer dass zur erten „Charge“ 69 Frauen, 16 Männer und zehn Minderjährige, darunter ein 16-Jähriger, zählen. Nur für Palästinenser gibt es in den besetzen Gebieten die sogenannte „Administrativhaft“, die zwar im November 2024 beendet wurde, aber noch immer eine unbkannte Zahl von Menschen aus den besetzten Gebieten betrifft. Im Rahmen der Administrativhaft werden Verdächtige für sechs Monate und länger aus Sicherheitsgründen festgehalten. Das ist dann der Fall, wenn die Betroffenen etwa mit einer Straftat in Verbindung gebracht werden, es aber nicht genügend Beweise für eine Anklage gibt. Anwälte beklagen, dass die Inhaftierung in solchen Fällen auf Geheiminformationen basiert und sie deswegen kaum etwas dagegen in der Hand haben.
In Israel gibt es die Administrativhaft nicht, nur in den besetzten Gebieten. Da gilt: Palästinenser verhaften und sie ohne Gerichtsverfahren in Haft zu halten. Mindestens 9500 Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem Gazastreifen und dem besetzten Westjordanland sitzen in israelischen Gefängnissen, etwa die Hälfte davon ohne offizielle Anklage: mehr als doppelt so viele wie vor dem 7. Oktober 2023, dem Tag, an dem die Hamas Israel angriff und 1200 Menschen tötete. Rund 3700 palästinensische Häftlinge sitzen monate- oder gar jahrelang ohne Anklage im Gefängnis, sie haben oft keinen Zugang zu einem Anwalt. Das ist Alltag und die Mehrheit dieser Welt schweigt. In einem Rechtsstaat müssen Verhaftete in der Regel innerhalb von 24 Stunden einen Anwalt oder eine Anwältin beiziehen können. Das ist bei der Administrativhaft nicht der Fall. Betroffene werden zunächst für drei Monate in Administrativhaft genommen. Israel kann die Haftdauer beliebig verlängern, ohne Anklage. Tausende von Palästinenserinnen und Palästinenser machen die Erfahrung, dass sie der Willkür einer fremden Macht schutzlos ausgesetzt sind. Die Administrativhaft wird von den Betroffenen als willkürlich, erniedrigend oder gar grausam empfunden. Sie schürt den Hass auf die israelische Besatzung, und damit auch auf Jüdinnen und Juden, noch mehr.
Angesichts dieser Momente muss man zunächst noch nicht befürchten, dass „Schwerverbrecher“ aus israelischen Gefängnissen freigesetzt und der Allgemeinheit gefährlich werden könnten – Israel hat noch „Vorrat“ an weniger gefährlichen Häftlingen.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze in Syrien (16.01.2025)

Frau Schulze ist, nach der Außenministerin, das zweite deutsche Kabinettsmitglied, das nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Assad nach Damaskus reist. Noch nicht bekannt ist, wann mit einer Wiedereröffnung der seit 2012 geschlossenen deutschen Botschaft zu rechnen ist. Das ist letztlich eine Sicherheitsfrage und auch eine politische Entscheidung. Aber es ist gut, sich schon einmal „umzusehen“. Immerhin wäre es falsch, in einem so historischen Zeitfenster nicht alles dafür zu tun, Syrien bei einem friedlichen Neuanfang zu unterstützen. Gleichzeitig betont sie, alle von Deutschland ausgewählten Projekte würden nicht mit den De-facto-Machthabern, sondern ausschließlich über Hilfswerke der Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen umgesetzt. Baut da schon mal jemand vor? Welche Ängste mag es in Berlin geben, eventuell „den Falschen“ zur Seite zu stehen? Die finanzielle Unterstützung geht an Unicef, die Hilfsorganisation Arche Nova, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), syrische NGOs und einen speziellen UN-Fonds. Mit dem Geld sollen Schulen instand gesetzt und traumatisierte Kinder betreut werden, Jobs für Binnenvertriebene organisiert und die Aussöhnung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen gefördert werden.
Die Ministerin kündigte neue Partnerschaften zwischen deutschen und syrischen Krankenhäusern an – ein Ansatz, der sicher vernünftig und klug ist, denn eigentlich war das syrische Gesundheitswesen vor dem Krieg sehr starkt und effektiv. Jetzt sind Krankenhäuser bombardiert, das Personal geflohen, die medizinische Versorgung auf einem Tiefststand. Laut Entwicklungsministerium hat mehr als die Hälfte des Gesundheitspersonals das Land verlassen, mehr als ein Drittel der Krankenhäuser sei nicht mehr funktionstüchtig. Nun soll es sogenannte Klinikpartnerschaften geben, mit denen Deutschland bereits Erfahrungen in mehr als 50 Ländern der Welt hat. So sollen Ärzte aus Deutschland nach Syrien reisen, um dort Fortbildungsmaßnahmen anzubieten oder mit lokalen Kollegen den Einsatz neuer Geräte zu üben. Doch welche Rolle sollen dabei all die syrischen Ärzte spielen, die in Deutschland inzwischen praktizieren? 5758 Syrerinnen und Syrer arbeiteten Ende 2023 als Ärztinnen und Ärzte in Deutschland, rund 1,3 Prozent aller Ärzte; sie stellen die größte Gruppe unter den ausländischen Ärzten in Deutschland. Mehr als 2000 Syrerinnen und Syrer waren zwischen Juni 2023 und Mai 2024 als Pflegekräfte tätig.
Ein tatsächliches Hindernis für schnelle Hilfe sind aber EU-Sanktionen gegen Syrien, die noch immer in Kraft sind. In der EU wird aktuell über ihre Aufhebung debattiert. Schulze positioniert sich hier klar: „Aus der entwicklungspolitischen Sicht ist es wichtig, dass der Wiederaufbau jetzt nicht durch Sanktionen behindert wird, dass man das Gesundheitssystem stabilisieren kann, dass Bildungssysteme vorangebracht werden können. Das ist etwas, wofür Deutschland sich einsetzt.“
Ob Syrien tatsächlich ein demokratischer und toleranter Staat wird, ist ungewiss. Bei aller Skepsis aber scheint für Entwicklungsministerin Schulze der ideologische Hintergrund der Führung in Damaskus kein Hindernis für die Unterstützung beim Wiederaufbau zu sein. Ähnlich hatte sich auch schon Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem Besuch in Damaskus vor knapp zwei Wochen geäußert.
Nach Jahren ohne diplomatische Vertretung in Syrien plant die Bundesregierung eine Rückkehr. Staatsminister Tobias Lindner ist nun Sonderkoordinator des Auswärtigen Amts für Syrien; durch ihn sollen die diplomatischen Beziehungen wieder errichtet werden. Seit Januar 2012 ist die deutsche Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus geschlossen. Deutschland war aber bisher, trotz schwieriger Lagen, nicht untätig: Bereits in den vergangenen Jahren hat die Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger Syriens unterstützt. So hat das Auswärtige Amt allein 2024 rund 213 Millionen Euro für humanitäre Hilfe bereitgestellt. Dies umfasse sauberes Wasser, Nahrung, aber auch Bildung für alle Kinder und ein funktionierendes Gesundheitssystem. Viele Aufgaben wurden seither aus dem benachbarten Libanon erledigt, was aber natürlich nur mit Abstrichen gelang und aktuell nahezu unmöglich ist. An eine Wiedereröffnung der Botschaft in Damaskus war lange Zeit nicht zu denken. Jetzt ist die Lage völlig neu.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die große Aufgabe schon einmal formuliert: Man dürfe die Chance nicht verstreichen lassen, dass „in Syrien eine rechtlich sichere Lebensweise möglich ist, dass Demokratie entsteht, dass Menschen unterschiedlicher Religion gut zusammenleben können“, sagte er bereits im Dezember. Demokratie. Ein großes Wort für ein arabisches Land, das jahrzehntelang diktatorisch regiert wurde. Und ein großes Wort für den Westen, der bei ähnlichen Versuchen in Libyen, Afghanistan oder dem Irak mindestens teilweise gescheitert ist.

Syrer in Deutschland (16.01.2025)
(Angaben des Statistischen Bundesamtes)

Zum Jahresende 2023 waren hierzulande rund 712 000 syrische Schutzsuchende im Ausländerzentralregister (AZR) registriert, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Syrerinnen und Syrer machten damit 22 % der insgesamt 3,17 Millionen Schutzsuchenden aus und waren nach ukrainischen Staatsangehörigen (31 %) die zweitgrößte Gruppe. Ein Großteil der syrischen Schutzsuchenden lebt schon seit Längerem in Deutschland (im Durchschnitt ca. 8 Jahre): Von den zugewanderten syrischen Schutzsuchenden kam gut die Hälfte (52 %) nach dem Ausbruch des Krieges in Syrien in den Jahren von 2014 bis 2016 erstmals nach Deutschland. 12 % der syrischen Schutzsuchenden sind in Deutschland geboren. Auch im Jahr 2024 haben Syrerinnen und Syrer Schutz in Deutschland gesucht: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verzeichnete für den Zeitraum von Januar bis November dieses Jahres 72 000 entsprechende Erstanträge auf Asyl. Syrische Staatsangehörige stellten in diesem Zeitraum jeden dritten Erstantrag auf Asyl. Sie waren damit die größte Gruppe unter den insgesamt 217 000 Menschen, die in diesem Zeitraum in Deutschland erstmals Asyl beantragten. Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte waren 2023 durchschnittlich 25,8 Jahre alt, also durchgängig jung. 57 % aller Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte waren männlich, 43 % weiblich. Auch aufgrund des vergleichsweise niedrigen Altersdurchschnitts waren 774 000 oder 61 % der 1,3 Millionen Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte ledig, 461 000 waren verheiratet (36 %). Rund 863 000 Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte waren 2023 im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 64 Jahren. Davon waren 42 % bzw. 362 000 Personen tatsächlich erwerbstätig, und damit steuerpflichtig; 8 % bzw. 66 000 erwerbslos und die Hälfte (50 % bzw. 435 000) Nichterwerbspersonen, etwa weil sie noch in (Aus-)Bildung waren, weil sie krankheitsbedingt nicht arbeiten konnten oder weil sie keine Arbeitserlaubnis hatten. Gut ein Fünftel der Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte im Alter zwischen 15 und 64 Jahren verfügte 2023 über einen berufsqualifizierenden Abschluss (22 % bzw. 190 000), davon besaßen 106 000 einen akademischen Abschluss. Daran wird aber auch deutlich, wie hoch der Anteil der „Intellektuellen“ an den Flüchtlingen war und ist. Mehr als 60 Prozent der Syrer, die seit 2015 Asyl in Deutschland beantragt haben, sind arabisch. Etwa ein Drittel gehört zur kurdischen Minderheit. Eine klare Mehrheit von mehr als 90 Prozent ist muslimischen Glaubens, weniger als zwei Prozent sind Christen und rund ein Prozent Jesiden.
Laut Einbürgerungsstatistik wurden allein im Jahr 2023 gut 75 000 Syrerinnen und Syrer eingebürgert, sie machten mit 38 % den größten Anteil an allen Einbürgerungen aus. Nun hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 09.12.2024, einen Tag nach dem Sturz des Assad-Regimes, die Asyl-Entscheidungen für syrische Bürger ausgesetzt. Betroffen sind laut der Behörde 47.270 Asylanträge von Syrern, die noch nicht entschieden sind; darunter rund 46.000 Erstanträge. Für bestehende Entscheidungen hat die neue Lage in Syrien dagegen derzeit keine Auswirkungen. Wie viele der Syrer, die sich aktuell in Deutschland aufhalten, perspektivisch in die Heimat zurückkehren wollen, ist derzeit nicht absehbar. Eine Rückkehr vieler Syrer in ihre Heimat könnte unter anderem für Kliniken Folgen haben. Syrische Ärzte in Deutschland spielen vor allem in Krankenhäusern kleinerer Städte eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Versorgung.
Wichtig auch noch: Derzeit besuchen knapp 200.000 syrische Schüler und Schülerinnen eine Schule in Deutschland. Weitere 50.000 lernen an einer Berufsschule. Mehr als 50.000 Kinder von syrischen Geflüchteten sind in Deutschland geboren. Insgesamt haben rund 160.000 Menschen aus Syrien den deutschen Pass erhalten, Stand der Zahlen ist das erste Halbjahr 2024. Syrer und Syrerinnen sind die größte Gruppe unter den Neueingebürgerten in Deutschland.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks ist rund die Hälfte der syrischen Bevölkerung geflüchtet. Die meisten von ihnen befinden sich in den Nachbarstaaten von Syrien: der Türkei (3,1 Millionen), dem Libanon (785.000), in Jordanien (640.000) und dem Irak (273.000). 156.000 Flüchtlinge befinden sich in Ägypten. Zum Vergleich: Im Libanon halten sich knapp 800.000 syrische Geflüchtete auf – und das, obwohl der Libanon insgesamt nur fünfeinhalb Millionen Einwohner hat.

Irland – Israel: Botschaftsschließung und Konsequenzen (14.01.2025)

Im Mai 2024 hatte Irland offiziell die Anerkennung eines palästinensischen Staates beschlossen; daraufhin hat Israel seine Botschaft in Irland geschlossen. Ein Vorgehen, das damals bereits kaum jemand verstanden hat. War es ein selbstdarstellerischer, aufgeblasener politischer Schritt eines neuen israelischen Politikers, der Schlagzeilen machen wollte – oder war es doch mehr? Die Meinungen blieben unterschiedlich. Die irische Bevölkerung identifiziert sich größtenteils mit den Palästinensern; das hat sicherlich auch etwas zu tun mit der Geschichte Irlands, welches sich immer wieder als bevormundetes, besetztes Land erleben musste.In der damaligen Kolonie unterdrückten britische Paramilitärs die irischen Unabhängigkeitsbefürworter. Dann – 1937 hatte Großbritannien die Aufteilung Palästinas in einen jüdischen und einen palästinensischen Staat vorgeschlagen, ein Phänomen, das Irland ebenfalls gut kannte: Denn zuvor hatten die Briten auch die irische Insel geteilt – in die seit 1921 unabhängige Republik und Nordirland, das zum Vereinigten Königreich gehört. In den folgenden Jahrzehnten zogen immer mehr Iren Parallelen zu Israels Umgang mit den Palästinensern.
Irland erkennt den israelischen Staat seit 1963 an und fordert seit den 1980ern eine Zwei-Staaten-Lösung für den Nahen Osten. Dublin verurteilte den Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 scharf und fordert die Freilassung der Geiseln. Zugleich kritisiert Irland das israelische Vorgehen im Gazakrieg und fordert eine sofortige Waffenruhe sowie mehr humanitäre Hilfe. Dann schloss sich das Land formell der südafrikanischen Genozid-Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) an. Und: Irland warf Israel eine „kollektive Bestrafung der Palästinenser“ vor. So kam es zur Schließung der israelischen Botschaft in Irland – ein international nicht sehr häufiges Agieren.
Es folgte ein rhetorischen Schlagabtausch zwischen Irland und Israel, bei dem kein Waffenstillstand in Sicht kam. Man beschuldigte sich gegenseitig: Irland gehört mit Spanien und Norwegen zu den härtesten europäischen Kritikern des Gazakriegs und hat im Einklang mit diesen beiden Partnern Palästina als Staat im Rahmen einer Zweistaatenlösung anerkannt. Dann schloss sich die konservativ-nationalliberal-grüne Koalition Irlands auch Südafrikas Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag an. Südafrika beschuldigt dort Israel des Völkermords. Zwischen Irland, wo rund 2500 Menschen jüdischen Glaubens (0,05 Prozent der Bevölkerung) leben, und Israel liegen die Nerven seit langem blank. Nun hat sich Irland erneut in das Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof eingebracht: Laut Artikel 63 des Statuts für den Internationalen Gerichtshof hat jeder Mitgliedsstaaten bei Verfahren mit Bezug auf sie möglicherweise betreffende Konventionen das Recht, in diese einzugreifen. Das hat Irland nun getan: Irland erklärt, dass der Täter bei der Begehung eines oder mehrerer der wesentlichen Elemente des Verbrechens nicht die Begehung des Verbrechens Völkermord zum Ziel haben muss. Aber: Das Verbrechen kann auch begangen werden, wenn ein Täter – unabhängig von seinem Zweck – weiss (oder wissen müsste), dass die natürliche und wahrscheinliche Folge dieser Taten zu der teilweisen oder vollständigen Zerstörung einer geschützte Gruppen führen oder dazu beitragen kann. In Alltagssprache übersetzt: Israel hätte wissen sollen, dass sein brutales, überzogenes Vorgehen in Gaza im Letzten auf einen Völkermord hinauslaufen müsste. der menschliche Verstand allein hätte das provozieren müssen – und davon abhalten sollen; zumindest teilweise. Konkret erklärt Irland, dass etwa der Abwurf von 500-Pfund-Bomben auf Wohnkomplexe, die Zerstörung von Wasserleitungen, der meisten Krankenhäuser und die Vertreibung obdachloser Menschen von einem Zeltlager in ein anderes in Gaza eine völkermörderische Wirkung hat und dies für «vernünftige Menschen auch erkennbar» sein müsste. Begehen also Politiker und Militärs in Israel – diese Taten dennoch, sind diese des Völkermords schuldig, auch wenn es kein stichhaltiges Dokument für die Absicht gibt, so die irische Argumentation. Das irische Kabinett hat Anfang Dezember 2024 diese Intervention in das Verfahren beschlossen. Irland ist ein Teil der EU – damit ist Irlands Agieren auch Teil des europäischen Agierens.
Irlands Präsident Michael D. Higgins, 83-jährig, hatte im Dezember, bei einer Zeremonie zur Begrüßung der neuen Botschafterin der Palästinenser in Irland, Dschilan Abdalmadschid, ein Wutrede gehalten und sich und sein Land gegen den Vorwurf Israels verwahrt, Irlands Haltung zum Nahostkonflikt basiere in Wahrheit auf Antisemitismus. Übernimmt nun Irland die Rolle des „bad cop“ im europäischen Gesamt, weil Deutschland sich z.B. mit seiner Rede von der „Staatsräson“, einseitig „verrannt“ hat? Oder zeigt das so unterschiedliche Agieren europäischer Länder, wie gespalten Europa in sich ist, was Israel und dessen Politik betrifft?

Jordaniens Stabilität von Nahost-Krisen bedroht (13.01.2025)

Rund 10.000 Syrer sollen nach jordanischen Angaben nach dem Sturz von Diktator Baschar al-Assad inzwischen in ihre Heimat zurückgekehrt sein, doch die meisten Geflüchteten zögern wohl noch. Jordanien hatte 1,3 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, etwa 600.000 davon sind beim UN-Flüchtlingswerk UNHCR registriert. Jordanien steht gewaltig unter Druck. Die Wirtschaftskrise hat sich im letzten Jahr weiter verschärft, die Arbeitslosigkeit bei unter 24-Jährigen liegt bei 40 Prozent und die Staatsverschuldung ist weiter gestiegen. Das Land ist abhängig von Hilfsgeldern seiner Verbündeten, insbesondere USA und Vereinigte Arabische Emirate (VAE). Der König, Abdullah II. versucht, Jordanien aus den Konflikten Israels mit der Hamas undHisbollah herauszuhalten. Doch angesichts der vielen zivilen Opfer, vor allem im Gazastreifen, ist der Unmut über seinen Kurs groß. Je länger der Krieg dauert, desto mehr wächst die Unzufriedenheit der joranischen Bevölkerung über den „Westkurs“ des Königs. Und hier liegt die Basis aller möglichen Entwicklungen: Jordanien lebt von der Einheit des Landes im Rücken des Königs. Des Königs Schwäche ist die Schwäche des Landes. Schon jetzt wächst die Korruption im Land und die staatlichen Dienstleistungen am Volk schrumpfen.
Der Unmut äußerte sich bei den Parlamentswahlen im September 2024. Profitiert hat in erster Linie die Islamic Action Front (IAF), der politische Arm der jordanischen Muslimbrüder, von allen Parteien organisatorisch am besten aufgestellt. Sie hatte ihren Wahlkampf ganz auf das Schicksal der Palästinenser in Gaza zugeschnitten, gewann rund 500.000 Wählerstimmen hinzu und erhielt so 31 von 138 Sitzen im Parlament. Zuvor waren es lediglich sieben Sitze. Doch zunehmende Macht der islamistischen Muslimbrüder – wer will das für Jordanien? Sie werden den Trend hin zu einer konservativeren Gesellschaft weiter verstärken. Und sie werden den Friedensvertrag mit Israel mehr und mehr infrage stellen: Jetzt, mehr als ein Jahr nach dem Beginn des Krieges in Gaza, sind die Stimmen, die eine Kündigung des Vertrages wollen, lauter geworden. Hierzu gibt es einen bedeutsamen Punkt im Hintergrund: Auch Jordanien ist gespalten, auch wenn das nicht täglich offensiv vor Augen tritt: Von den 11 Millionen Einwohnern stammen nur 50% aus den „Stämmen“, also den beduinischen „Original“-Einwohnern Jordaniens, die anderen 50% sind palästinensische Flüchtlinge, bzw. deren Nachfahren, aus der Zeit der Gründung des Staates Israel. Sie sehen Isael weit kritischer als die „Ur-Jordanier“. Und sie stehen bei Weitem nicht so solidarisch zur Einrichtung des Königtums. Doch bislang war es König Abdullah, der Jordanien seit über zwanzig Jahren regiert, noch immer gelungen, für Ruhe zu sorgen. Aber wird ihm das auch weiter gelingen? Das Land ächzt unter Wassermangel, was nicht nur die schwache Landwirtschaft betrifft, sondern auch Alltagsleben und Indstrie, die Bevölkerung befürchtet, dass die drei Millionen Palästinenser im Westjoranland, anlässlich einer möglichen Annektierung desselben durch Israel, nach Jordanien drängen und alle Probleme weiter verstärken könnten, insbesonder die eh schon hohe Arbeitslosigkeit. Der „Stabilitätsanker im Nahen Osten“ ist beileibe nicht mehr so stabil wie er sein sollte.
Israels Dominanz im Nahen Osten wirkt sich entspechend aus: Die kompromisslose Politik der Netanyahu-Regierung gegenüber den Palästinensern – Ausbau der Siedlungen im Westjordanland und Verweigerung jeglicher palästinensischen Staatlichkeit – lässt den jordanischen König mit nur schlechten Optionen zurück. Ein konfrontativer Kurs gegenüber Israel wäre für Jordanien schon allein wegen der Abhängigkeit von westlicher und allen voran amerikanischer Unterstützung riskant. Ausserdem bliebe das Potenzial wirtschaftlicher Zusammenarbeit der beiden Nachbarländer ungenutzt. Zeitigt der moderate und Dialog-orientierte Kurs des Königs gegenüber Israel aber keine Erfolge, gefährdet er seine Glaubwürdigkeit und den Rückhalt in der eigenen Bevölkerung – ein Phänomen, das bereits begonnen hat.
Ein weiterer Punkt – zwar wirtschaftlich nicht so bedeutsam, umso mehr aber emotional: Jordanien, in der Person des Königs, ist Hüter der heiligen islamischen Stätten in Jerusalem, Al-Aksa und Felsendom. Mit seinem Besuch auf dem Tempelberg, dessen islamische Stätten unter jordanischer Verwaltung stehen, sorgte der Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, der in Israel selbst wegen antiarabischer Hetze verurteilt wurde, nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt für die erste Provokation. Noch dazu wurde kurz darauf dem jordanischen Botschafter der Zugang auf den Tempelberg zunächst verweigert. Beide Vorgänge politisch unmögliche Momente. Doch: Jordanien will eine weitere Eskalation des israelisch-palästinensischen Konflikts und eine Gewaltexplosion im Westjordanland, die auch auf das eigene Land überschwappen könnte, unbedingt vermeiden. Deswegen schweigt man weitgehend auch zu solchen Provokationen. Aber wie lange noch? Wann wird Israel auch hier überzogen haben? Und wann werden „unsere“ Politiker erkennen, wie wichtig es ist, Jordanien stabil zu erhalten?

Todesfälle in Gaza weit über bisher bekannten Zahlen (13.01.2025)

Die Zahl der Todesopfer in Gaza während der ersten neun Monate des Krieges zwischen Israel und der Hamas ist mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich höher als bislang angenommen. Das britischen Medizinfachjournal Lancet veröffentlichte eine Studie, die annimmt, dass die bislang gemeldeten Zahlen von Toten unter der palästinensischen Bevölkerung von Gaza um rund 40% höher anzusetzen sind, als bisher bekannt. Die Studie schätzt, dass bis Ende Juni 2024 64.260 Menschen ums Leben kamen, wobei 59 Prozent der Opfer Frauen, Kinder und Menschen über 65 Jahre waren.
Die Analyse wurde von Wissenschaftlern der London School of Hygiene & Tropical Medicine, der Yale University und weiteren Institutionen durchgeführt. Die Zahl der getöteten palästinensischen Kämpfer wurde dabei nicht geschätzt. Knapp drei Prozent der Gesamtbevölkerung in Gaza, die vor Kriegsbeginn rund 2,3 Millionen Menschen umfasste, könnte der Studien nach bereits bis Juni zusätzlich zu den offiziellen Zahlen ums Leben gekommen sein. Der neuen Studie zufolge gibt es keine Anzeichen, dass Toten- oder Verletztenzahlen vom Gesundheitsministerium in Gaza aufgebauscht werden. Zusätzlich sah sich die Gruppe an, wie sich die Mortalität in Gaza mit früheren Jahren vergleichen lässt. Auch sie stellen in den Daten „keine offensichtlichen Fälschungen“ fest. „Wir halten es für unplausibel, dass diese Muster bei gefälschten Daten auftreten würden“, vermerkten sie. Die Vereinten Nationen und andere internationale Institutionen und Fachleute haben bereits in den ersten Tagen und Wochen nach Kriegsbeginn erklärt, dass sie die vom Gesundheitsministerium übermittelten Daten grundsätzlich für weitgehend korrekt halten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte, dass die Opferzahlen im Allgemeinen zuverlässig seien und dass sie bei der Überprüfung früherer Angriffe auf Gaza keine großen Diskrepanzen festgestellt habe. Ein Sprecher des UN-Menschenrechtsbüros führte dazu aus: „Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Zahlen des Gesundheitsministeriums möglicherweise zu niedrig angesetzt sind, da sie keine Todesopfer enthalten, die die Krankenhäuser nicht erreicht haben oder möglicherweise unter den Trümmern verschollen sind.“
Internationale Medien konnten die Todeszahlen nicht unabhängig überprüfen, da Israel ausländischen Journalisten den Zugang zum Gebiet verweigert.

Ultraorthodoxe Juden bezeichnen General als Mörder (11.01.2025)

In Israel haben Ultraorthodoxe in einem Cafe einen General bedrängt und beschimpft, der für die Einberufung der streng religiösen Männer in die Armee zuständig ist. Laut örtlichen Behörden hat die Polizei noch vor Ort drei Verdächtige im Alter zwischen 19 und 29 Jahren festgenommen. Ultraorthodoxe Juden waren in Israel seit der Staatsgründung von der Wehrpflicht befreit. Diese Ausnahmeregelung lief jedoch vor mehreren Monaten aus. Der israelischen Regierung gelang es nicht, ein Gesetz zu verabschieden, um die Erleichterungen für die Ultraorthodoxen zu zementieren. Im Sommer 2024 entschied dann auch der Oberste Gerichtshof, dass ultraorthodoxe Männer künftig zum Wehrdienst einzuziehen sind. Die Streitkräfte des Landes müssen künftig auch ultraorthodoxe Juden zum Militärdienst einziehen, erklärten die zuständigen neun Richter des Obersten Gerichtshofes 2024. Die Richter stimmten Petitionen zu, die eine sofortige Einberufung wehrpflichtiger ultraorthodoxer Männer gefordert hatten. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs ist bindend.
Das Militär steht nun seitdem vor der schwierigen Aufgabe, Tausende Mitglieder einer Bevölkerungsgruppe einzuziehen, die das eigentlich kategorisch ablehnt. Viele ultraorthodoxe Juden empfinden den Militärdienst als Bedrohung ihres Lebensstils, unter anderem, weil Frauen und Männer im israelischen Militär gemeinsam dienen, obwohl das israelische Militär bereits seit langem dafür Sorge trägt, dass die religiösen Empfindungen der Soldatinnen und Soldaten im Dienst nicht beeinträchtigt werden.
Männer müssen in Israel regulär drei Jahre, Frauen zwei Jahre Wehrdienst leisten. Wie viele Ultraorthodoxe eingezogen werden sollten, führte das Gericht nicht aus. Nach Angaben des Gerichts soll es sich insgesamt aber um 63.000 Männer handeln, die den Wehrdienst antreten müssen.
Seit dem Überfall der Hamas auf Israel ist alles etwas anders. Mehr und mehr Ultraorthodoxe meldeten sich freiwillig bei der Armee, wie deren Sprecher sagt. Bisher sind über 2.000 Anträge eingegangen von der ultraorthodoxen Bevölkerung. Das zeigt zumindest bei einem Teil der jungen Religiösen, eine Änderung der Denkrichtung an. Aber eben nur bei einem Teil – einem geringen Teil. Ultraorthodoxe Juden erwarten vom Staat Israel nichts, weil sie ihn nicht anerkennen. Ein Israel, nach ihren Vorstellungen, kann nur der gekommene Messias errichten; alles andere, so auch der aktuelle Staat Israel, ist nur Menschenwerk und nicht Gottestat, deswegen unbedeutend und abzulehnen. Da die Mehrzahl der Ultraorthodoxen keinem steuerpflichtigen Beruf nachgehen, zahlen sie auch in die gemeinsame Staatskasse nicht ein, profitieren aber gleichzeitig von allem, was Israel seinen Bürgern zur Verfügung stellt: Infrastruktur, Gesundheitswesen, Medien, etc. Das ärgert alle steuerpflichtigen nicht-religiösen oder nur bedingt religiösen Staatsbürger, die dies als „Schmarotzertum“ betrachten, und wenig Verständnis für die extrem religiöse Position aufbringen.
Der Konflikt steigert sich zudem durch die Tatsache, dass die Geburtenzahlen unter den streng religiösen Juden ein Vielfaches des Landesdurchschnitts betragen, was seit Jahrzehnten dazu führt, dass die Zahl der Ultraorthodoxen permanent steigt. Damit aber steigt auch die Zahl der „Profiteure“, die nichts zum gemeinsamen Staatsbudget beitragen. Ein Großteil der frommen Männer und Familienväter leben von Spenden ihrer Synagogengemeinden, einer Art privatwirtschaftlicher Sozialfürsorge. Für diese sollen aus amerikanischen Stiftungen und Institutionen jährlich in etwa die gleichen Summen fließen, wie sie der amerikanische Staat an den Staat Israel für Militär und Verteidigung bzw. Wahrnehmung amerikanischer Interessen in Nahost überweist.
Den „Frommen“ in Israel ist Vieles im Land ein Ärgernis; nicht erst die Bikini-Kleidung an den Stränden von Tel Aviv, sondern auch schon mangelnde Geschlechtertrennung in Straßenbahn und auf Gehsteigen. Immer wieder gibt es Initiativen, Solches zu erzwingen – bislang allerdings durchwegs ohne Erfolg. Die eh schon gespaltene israelische Gesellschaft hat mit diesen Gruppen der „ganz Frommen“ einen weiteren Spaltkeil, der an Macht und Kraft zunimmt und von Jahr zu Jahr der Gesellschaft dieses eigenwilligen kleinen Landes mehr und mehr zusetzt. Und es wird zu beobachten sein, wie sich dieser Konflikt um die Wahrung von „Gottes Geboten“ in Zukunft – und nicht erst in ferner Zukunft – auswirken wird.

Israel: Schutz aktiver Kampfsoldaten vor Anzeigen im Ausland (11.01.2025)

Die israelische Armee hat neue Richtlinien für die Berichterstattung über Soldaten im aktiven Kampfeinsatz erlassen. Aktive Soldaten ab dem Rang eines Obersten dürfen in Interviews nicht mehr mit vollem Namen oder Gesicht gezeigt werden. Das geschieht um die Soldaten zu schützen und sicherzustellen, dass sie vor Vorfällen, die von israelfeindlichen Aktivisten auf der ganzen Welt begangen werden, sicher sind. Hintergrund war ein Fall eines israelischen Reservisten, der Brasilien fluchtartig verlassen musste, nachdem dort Ermittlungen gegen ihn wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen eingeleitet worden waren. Dieser wollte Urlaub machen in Brasilien, Abstand gewinnen zum Krieg und von all den anderen aktuellen Unbilden in seiner Heimat Israel. Fluchtartig hat der 21-Jährige das südamerikanische Land verlassen müssen, denn in der Ferne hat ihn der Gaza-Krieg eingeholt, in dem er als Reservist kämpfte. Ein brasilianisches Gericht hatte eine Untersuchung darüber angeordnet, ob er bei seinem Armeeeinsatz im palästinensischen Küstenstreifen in Kriegsverbrechen verstrickt sein könnte. Offensichtlich wurde er aus dem Land „hinausgeschmuggelt“, erst nach Argentinien, dann über Miami zurück nach Israel. Womöglich geraten nun zukünftig nicht nur hohe Politiker wie Premierminister Benjamin Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Joav Gallant in den Fokus internationaler Strafbehörden. Ähnliches könnte demnach nun auch ganz gewöhnlichen Soldaten blühen.
Ausgelöst wurde die Aktion durch die Hind-Rajab-Foundation, einer palästinensischen Einrichtung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, israelische Kriegsverbrechen in Palästina/Gaza zur Anzeige zu bringen. Gegründet wurde diese Stiftung im vorigen September und ansässig ist sie in Belgien. Sie sammelt dazu Beweismaterial gegen israelische Armeeangehörige – vornehmlich direkt aus deren eigenen Social-Media-Beiträgen. Dort berichten viele Soldaten von ihrem Einsatz in Gaza, und bisweilen sind diese Inhalte höchst problematisch. Das ist mehr als nur ein Imageproblem für die Truppe, die sich selbst als die moralischste Armee der Welt versteht. Denn Organisationen wie die Hind-Rajab-Stiftung berufen sich auf das sogenannte Weltrechtsprinzip, demzufolge gewisse Verbrechen so gewaltig sind, dass jedes Land auf der Welt Verfahren gegen mutmaßliche Täter einleiten kann. Schon im Oktober 2024 hat die HRF eine Klage beim Haager Strafgerichtshof gegen Israel eingereicht und darin die Namen von rund 1000 Soldaten aufgeführt, denen Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg vorgeworfen werden.

Libanon mit neuem Präsidenten (09.01.2025)

801 Tage nach dem Ausscheiden von Michel Aoun hat der Libanon einen neuen Präsidenten. Die Abgeordneten des libanesischen Parlaments wählten am Donnerstag beim 13. Anlauf im zweiten Wahlgang den Generalstabschef der libanesischen Armee, Joseph Aoun, wie libanesische Medien berichteten. Er erhielt 99 von 128 Stimmen. In der ersten Runde konnte sich Aoun noch nicht durchsetzen. Dort erzielte er lediglich 71 der 128 Stimmen. Damit steht der Generalstabschef der libanesischen Armee künftig an der Staatsspitze. Trotz der Namensgleichheit sind Michel Aoun und Joseph Aoun nicht miteinander verwandt. Der Präsidentensitz war seit Ablaufen der Amtszeit von Präsident Michel Aoun am 31. Oktober 2022 vakant. Gleichzeitig wird das Land seit den Wahlen im Mai 2022 von einer interimistischen Regierung geführt, da bisher keine Regierungsbildung gelang. Mit der Wahl ist nun eine neue Hoffnung verbunden, dass der gebeutelte Libanon innenpolitisch etwas zur Ruhe kommt und unter Umständen auch wirtschaftlich wieder etwas Luft bekommt. Die Repräsentanten der verschiedenen gesellchaftlichen Gruppen, allen voran die Oberhäupter der christlichen Kirchen, haben schon lange nach einer Lösung der Regierungskrise gerufen. Beobachter sehen in seiner Wahl eine Chance für einen politischen Neustart im Land, um ein mehr als zwei Jahre andauerndes politisches Machtvakuum zu beenden. Nun stehen die Zeichen zum ersten Mal seit langem wieder auf Hoffnung. Saudi-Arabien, die USA, Frankreich und die internationale Gemeinschaft hatten die Wahl eines Präsidenten immer wieder zu Bedingung für finanzielle Hilfe für den Libanon gemacht.
„Heute hat eine neue Phase in der Geschichte des Libanon begonnen“, sagte Aoun in seiner Antrittsrede im Parlament. „Wir werden in die Armee investieren, um die Grenzen zu sichern, den Terrorismus zu bekämpfen, internationale Resolutionen umzusetzen und um israelische Angriffe zu verhindern“, sagte er. Er betonte, es werde keine Immunität für Kriminelle und Korruption geben. Aoun übernahm 2017 das Kommando über die Armee. In dieser Position ist er derzeit auch dafür zuständig, die im November vereinbarte Waffenruhe zwischen der proiranischen Hisbollah-Miliz und Israel zu überwachen. Mit öffentlichen Äußerungen hielt sich der General bisher zurück, er vermied Medienauftritte und gab seine Kandidatur nie offiziell bekannt.
Mit der Wahl von Aoun endet nun eine Periode von über zwei Jahren, in der der Libanon ohne Präsident war. Die Wahl am heutigen Tag war der 13. Anlauf des libanesischen Parlaments, das vakante Amt zu besetzen. Die überraschende Einigung auf Aoun ist ein Zeichen, dass der politische Einfluss der Hisbollah im Land sinkt. Sie ist nach dem Krieg mit Israel, in dem unter anderem ihr Chef Hassan Nasrallah getötet wurde, und dem Umsturz in Syrien stark geschwächt. Immer wieder hat sie Kandidaten für das Amt des Präsidenten wie auch des Regierungschefs blockiert und damit den Eindruck entstehen lassen, dass sie die Wahl der beiden wichtigsten Ämter im Land diktieren kann. Die Wahl eines Präsidenten scheiterte dabei immer wieder an Machtkämpfen innerhalb der politischen Elite. Bis zuletzt hatte etwa die Hisbollah ihren Wunschkandidaten Suleiman Frangieh unterstützt. Der hatte jedoch am Mittwochabend seine Kandidatur zurückgezogen.
Auch der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad Anfang Dezember trug zur Schwächung der Hisbollah bei. Über Syrien wurde ein Großteil der Waffen aus dem Iran zur Hisbollah geschmuggelt. Hisbollah-Mitglieder kämpften an der Seite Assads. Sein Sturz durch Rebellen drängte den Iran, den größten Unterstützer der Hisbollah, weiter in die Enge. Die neuen Machthaber in Damaskus distanzieren sich vom iranischen Einfluss und akzeptieren auch die proiranischen Kämpfer nicht länger im eigenen Land.
Joseph Khalil Aoun (* 10. Januar 1964 in Sin el-Fil) ist General und war von 2017 bis Anfang 2025, zum Zeitpunkt seiner Wahl, der Oberbefehlshaber der libanesischen Streitkräfte. Aoun trat 1983 in die libanesischen Streitkräfte ein und erhielt seine Ausbildung u. a. in den Vereinigten Staaten und Syrien. Seit 2015 war er Kommandeur der 9. Infanteriebrigade in Beirut. Am 8. März 2017 wurde er als Nachfolger von Jean Kahwagi zum Oberbefehlshaber der libanesischen Streitkräfte ernannt. Der maronitische Christ Joseph Aoun ist verheiratet mit Nehmat Nehmeh und Vater zweier Kinder.

Lockerung von Sanktionen gegen Syrien (09.01.2025)

Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat Deutschland die EU zur Lockerung von gegen Syrien verhängten Sanktionen aufgefordert. Die Bundesregierung dringe darauf, Finanztransaktionen mit syrischen Regierungseinrichtungen zu erleichtern und Beschränkungen für den Transfer von Privatkapital zu lockern. Zudem könne die EU möglicherweise auch die gegen den Energie- und Luftfahrtsektor verhängten Sanktionen aufheben. Es soll die Lockerung der EU-Maßnahmen nur temporär erfolgen, damit die Sanktionen im Zweifelsfall wieder eingesetzt werden könnten. Der Vorschlag kam nach einem gemeinsamen Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihrem französischen Kollegen Jean-Noël Barrot als erste hochrangige europäische Politiker in Damaskus in der vergangenen Woche mit dem Ziel, Brücken zur neuen syrischen Übergangsregierung zu bauen. Bereits am Donnerstag wollen die Außenminister Italiens, Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens sowie der USA bei einem Treffen in Rom über die Lage in Syrien beraten. Auch US-Außenminister Blinken soll den Angaben zufolge an den Gesprächen teilnehmen. Manchem Beobachter kommen diese Vorschläge zu schnell; zu unklar ist noch immer, in welche Richtung die neuen Machthaber in Damaskus tendieren. Zwar demonstriert die, in der Vergangenheit mit den Terrormilizen Al-Kaida und „Islamischer Staat“ verbündete HTS, seit der Machtübernahme Mäßigung und den Willen, sämtliche Gruppen des Vielvölkerstaats Syrien zu respektieren. Sie wird jedoch noch immer, unter anderem von der EU, als Terrororganisation eingestuft.

Türkei und Kurden in Syrien (09.01.2025)

Im Norden Syriens hat es erneut viele Tote bei Kämpfen zwischen von der Türkei unterstützten Milizen und kurdischen Kämpfern gegeben. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien meldet, es seien mindestens 37 Menschen getötet worden. Schwerpunkt der Kämpfe ist das Umland der Stadt Manbidsch, östlich von Aleppo. Seit dem Sturz von Diktator Baschar al-Assad vor einem Monat hat es mehrfach Gefechte zwischen der SNA und kurdischen Kämpfern gegeben. Dabei erhielt die SNA teilweise auch Unterstützung durch die türkische Luftwaffe. Die SNA fungiert hier als quasi „söldner“ der Türkei und vertritt türkische Interessen. Der Türkei sind kurdische Milizen im Norden Syriens ein Dorn im Auge, weshalb sie dort gegnerische Gruppen unterstützt. Erdogan hat deshalb in diesen Tagen vor einem Einmarsch der Türkei in Syrien gewarnt; an wen genau die Drohung gerichtet war, wurde nicht deutlich, allerdings gehen Beobachter davon aus, dass dem türkischen Präsidenten es durchaus zuzutrauen ist, solche Maßnahmen zu initiieren. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Türkei syrisches Land okkupiert und annektiert. „Plötzlich und mitten in der Nacht“ könnte die Türkei in Syrien einmarschieren.
Eine der Sorgen der Türkei wäre ein souveränes Kurdengebiet im Norden Syriens, an der Grenze zur Türkei. Doch dazu haben die Kurden in Syrien in diesen Tagen erklärt, dass es zu keiner Abspaltung von Syrien kommen soll. Die von den USA unterstützten kurdischen Einheiten in Syrien planen nach eigenem Bekunden keine Abspaltung des von ihnen kontrollierten Nordosten des Landes. Der Kommandeur der kurdisch geführten Demokratischen Kräfte Syriens erklärte weiter, die SDF unterstützten die neue syrische Führung, damit Stabilität im Land herrsche, „um den Weg zu bereiten für den Aufbau eines konstruktiven Dialogs zwischen den Syrern“. Zugleich hob er hervor, es liege in der Verantwortung der neuen Führung in Damaskus, „eine Waffenruhe in ganz Syrien“ zu bewirken. Die syrischen Kurden kontrollieren einen Großteil des ölreichen Nordostens des Landes. Während des 2011 ausgebrochenen Bürgerkriegs genossen sie dort de facto Autonomie. Die Türkei betrachtet die zu den SDF gehörenden kurdischen YPG-Einheiten allerdings als Ableger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von Ankara wie von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird. Angesichts der Spannungen zwischen der Türkei und den syrischen Kurden wird nun über den Einsatz von französischen und US-Soldaten an der nordsyrischen Grenze diskutiert.

Russische Regierung geht auf Distanz zu Assad (30.12.2024)

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Tass, der schnelle Umsturz in Syrien sei auf die Unfähigkeit von Assad zurückzuführen, die sozialen Probleme im Land zu beheben. Doch: Die russische Regierung wurde ebenso wie Assad vom raschen Vordringen der aufständischen Gruppen überrascht. Für Russland war der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad ein Rückschlag. Immerhin hatte der Kreml den Diktator als Verbündeten nicht nur militärisch unterstützt. Auch bei dessen Flucht war Russland federführend gewesen. Nun hat sich die Regierung in Moskau zu dem Umsturz geäußert und versucht, Distanz aufzubauen. Bis zu dem Umsturz am 8. Dezember war Russland neben Iran Schutzmacht des Gewaltherrschers Assad gewesen. Russland flog Assad ins Exil nach Moskau aus, als die Hauptstadt Damaskus erobert wurde. Nun wird man beobachten müssen, wie Russland mit dem einstigen Ziehsohn umgehen wird; wie lange wird es dauern, bis Assad endgültig fallen gelassen wird?

WHO beschuldigt Israel der systematischen Zerstörung des Gesundheitssystems in Gaza (30.12.2024)

Nach einem erneuten Einsatz in einem Krankenhaus nun in Beit Lahia warf die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Armee Israels vor, das Gesundheitssystem in dem abgeriegelten Küstengebiet systematisch zu zerstöen. Die WHO bezeichnet das als systematisch angelegtes Todesurteil für Zehntausende Palästinenser. Inzwischen hat der Krieg in Gaza mehr als 45.000 Tote unter der Bevölkerung Palästinas gefordert, davon die absolute Mehrheit Frauen und Kinder, und mindestens 108.000 weitere verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Zudem sollen rund 10.000 Palästinenser von israelischen Soldaten verschleppt worden sein.
Hinzu kommt die Tatsache, dass die Nahrungsmittel-Lieferungen nach Gaza so gering sind, dass man inzwischen von einer absoluten Hungersnot ausgehen muss. Da auch angenommen werden kann, dass die Reste von Hamas solche Lieferungen auch für ihre Kämpfer „abzweigen“, verdichtet sich die Problematik, ohne dass von außen Einfluss genommen werden kann. Die damit verbundenen Erlebnisse der Hilflosigkeit zermürben inzwischen viele in den internationalen Hilfsorganisationen, von denen bereits einige sich aus Gaza zurückgezogen haben, weil sie keinen Sinn mehr darin sahen, in ihrem Kampf gegen den Goliath des Ausgeliefert-Seins an die Bereitschaft Israels „helfen zu lassen“. Israel begründet weiterhin Angriffeauf Hospitäler und Krankenstationen bzw. -häuser damit, dass diese genutzt würden von den Kämpfern der Hamas, um von dort aus Terrorangriffe auf Israel auszuüben. Diese Angaben aber lassen sich kaum unabhängig betätigen. Wegen der ständigen Angriffe Israels ist das Gesundheitssystem im Gazastreifen nach Einschätzung der UNO „am Rande des völligen Zusammenbruchs“. Einem Bericht zufolge wurden in der Zeit zwischen Oktober 2023 und Ende Juni 2024 mindestens 136 Angriffe auf 27 Krankenhäuser und zwölf andere medizinische Einrichtungen im Gazastreifen gezählt – mit hohen Opferzahlen unter Ärzten, Krankenpflegern und Zivilisten. Inzwischen ist kein einziges Krankenhaus im Gazastreifen noch voll funktionsfähig – in der Regel ist nur noch allereinfachste Versorgung zu gewährleisten. Mittlerweile ist die Infrastruktur in Gaza fast komplett zerstört und es gibt kaum noch unbeschädigte Gebäude. UN-Organisationen bezeichnen die humanitäre Lage vor Ort als katastrophal.
Israels Armee hat nach eigenen Angaben einen weiteren Einsatz, jetzt im Kamal-Adwan-Krankenhaus im Norden begonnen. Ersten Berichten zufolge seien mehrere wichtige Abteilungen des Hospitals bei dem Angriff durch einen Brand zerstört worden. In dem Krankenhaus seien noch 60 Mitarbeiter und 25 Patienten in kritischem Zustand, darunter auch solche an Beatmungsgeräten. Alle anderen Patienten seien gezwungen worden, zu dem auch nicht mehr funktionsfähigen Indonesischen Krankenhaus zu fliehen.
Weiterhin hat die israelische Armee angegeben einen Einsatz in Beit Hanun gestartet zu haben.

Syrien: 60 Millionen Euro Syrien-Hilfe (30.12.2024)

Deutschland hat Hilfsprojekte mit einem Volumen von 60 Millionen Euro gestartet. Zwar weiss noch niemand einzuschätzen, wie sich die Lage in Syrien weiter entwickelen wird, steht bereits Geld für den Wiederaufbau zur Verfügung. Trotz der unsicheren politischen Lage in Syrien hat die Bundesregierung in dem zerstörten Land mehrere Hilfsprojekte mit einem Gesamtvolumen von 60 Millionen Euro aufgelegt. „Die humanitäre Situation der Menschen in Syrien ist katastrophal“, sagte Entwicklungsministerin Schulze. Nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg seien weite Teile des Landes zerstört. 90 Prozent der Bevölkerung lebten in Armut und seien auf Hilfe angewiesen. Zwar sei noch unklar, wie es in dem Land nach dem Sturz der Assad-Diktatur weitergehe. „Aber die Möglichkeit für eine positive Entwicklung ist da und diese sollten wir jetzt nach Kräften unterstützen“, so die Ministerin. Schulze stellte zudem klar, dass die geplanten Projekte ausschließlich über UN-Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen umgesetzt würden. Das Geld stammt aus dem Haushalt 2024, in dem insgesamt 132 Millionen Euro für Projekte in Syrien vorgesehen sind. Konkret sollen nach Angaben des Entwicklungsministeriums 25 Millionen Euro an das Uno-Kinderhilfswerk Unicef fließen, das sich unter anderem um die Instandsetzung von Schulen kümmert. Zudem soll mit dem Geld die psychosoziale Betreuung von traumatisierten Kindern finanziert werden. Weitere 19 Millionen Euro sollen an die Uno-Entwicklungsorganisation UNDP gehen, die insbesondere für Binnenvertriebene Kurzzeitjobs organisiert, beispielsweise bei der Beseitigung von Müll und Trümmern.
Auch andere haben ihre Zuwendungen erweitert: Caritas Schweiz hat darum ihre Nothilfe ausgebaut. Notleidende bekommen Bargeldbeträge, mit denen sie zum Beispiel Lebensmittel kaufen können. Das Hilfswerk ist seit 13 Jahren im Land aktiv. Neu dabei: Unter dem Assad-Regime hätten sie stets viele administrative Hürden überwinden müssen. Die neue Regierung lasse die Organisation dagegen arbeiten. Die Schweizer Caritas schätzt, dass 2025 1.1 Millionen Menschen neu in Not sein werden. Zusätzlich zu jenen, die schon in Not waren. Das sind dann insgesamt 17.5 Millionen Menschen.
Spontane Hilfe gibt es also – aber wo ist ein langfristiger Plan um das Land wieder lebenfähig zu machen? Was, wenn Syrien sich für eine Zukunft mit Russland entscheidet? Wird der Westen dann weiter helfen?

Miliz HTS wird aufgelöst – Wahlen in vier Jahren (30.12.2024)

In Syrien hat Machthaber Al-Scharaa die Auflösung seiner islamistischen Miliz HTS in Aussicht gestellt. Er stellte zudem erstmals einen Zeitplan für Wahlen in Aussicht. Dazu meinte er es werde rund drei Jahre bis zum Entwurf für eine neue Verfassung brauchen sowie ein weiteres Jahr, um Wahlen abzuhalten. Für „aussagekräftige Wahlen“ sei zunächst ein umfassender Konsens in der syrischen Bevölkerung notwendig. Was mit diesem „umfassenden Konsens“ allerdings gemeint sein könnte, blieb offen.
Die Übergangsregierung in Syrien kündigte zudem die Auflösung aller Geheimdienstorganisationen des gestürzten Assad-Regimes an. Das sagte der neu ernannte Geheimdienst-Chef Anas Chattab laut einer Mitteilung der Nachrichtenagentur Sana. Mit Hilfe der Sicherheitsbehörden wurde die Bevölkerung während der Regierungszeit Assads und seines Vaters Hafis al-Assad mehr als 50 Jahre lang mit oft brutalsten Methoden unterdrückt. Dazu zählten willkürliche Tötungen und Verschwinden, schwerste Formen von Folter und unmenschliche Strafen in den Gefängnissen des Landes. Zehntausende wurden unrechtmäßig inhaftiert.
In Bezug auf die künftigen Auslandsbeziehungen betonte Scharaa, dass Syrien strategische Interessen mit Russland habe. Russland hat Militärstützpunkte in Syrien, war ein enger Verbündeter Assads im Bürgerkrieg und hat dem vor den Rebellen geflohenen Diktator Asyl gewährt. Syrien-Experten haben Zweifel, ob al-Scharaa im Land tatsächlich faire und freie Wahlen abhalten will. Die von ihm angeführte Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die Syriens Regierung nach einer Blitzoffensive stürzte, regierte zuvor autoritär in Idlib im Nordwesten des Landes. Menschenrechtler haben unter der HTS-Herrschaft etwa Folter und Tötungen politischer Gegner dokumentiert.
Scharaa äußerte zudem die Hoffnung, dass die künftige US-Regierung des designierten Präsidenten Donald Trump ihre Sanktionen gegen Syrien aufheben werde. Vorher, erklärte er, müsse unter anderem eine umfassende Volkszählung stattfinden. Das Land befinde sich gerade in einem Prozess, um wieder Rechtsstaatlichkeit aufzubauen. Eine »Nationale Dialogkonferenz« solle alle Teile der Gesellschaft einschließen. Bis dahin hätten alle Bürger das Recht, zu demonstrieren. Im jüngsten Interview betonte al-Scharaa, die Kurden seien ein wichtiger Bestandteil Syriens. Er drückte die Hoffnung aus, dass man die SDF ins zukünftige syrische Militär werde integrieren können. Dabei spielt die neue Herrschaft in Syrien ein sehr undurchsichtiges Spiel mit den Interessen der Türkei im Norden Syriens. Durch die Bekämpfung der kurdischen Einheiten spielen die neuen Machthaber in Damaskus den Interessen der Türkei massiv in die Hände. Dabei wäre die Schaffung einer relativ eigenständigen „kurdischen Regionalregierung“, gerade im Blick auf „Frieden für die Kurden“ keine schlechte Lösung. Das aber wird die Türkei nicht beruhigen.
In der Summe kann man, nach all diesen Ankündigungen nur hoffen, dass die neuen Machthaber ihr Wort halten werden.

Frankreich bombardiert IS in Syrien (01.01.2025)

Die französische Armee hat, eigenen Angaben zufolge, in Syrien zwei mutmaßliche Standorte der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) bombardiert. Die Angriffe seien am Sonntag, 29.12.2024, im Rahmen der internationalen Militäroperation „Inherent Resolve“ erfolgt, die seit 2014 im Irak und seit 2015 in Syrien gegen den IS läuft, teilte Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu nun mit. Ein entsprechend veröffentlichtes Video zeigte Angriffe aus der Luft auf zwei Ziele am Boden. Zur Bilanz der Bombardements gab es keine Informationen. Die französischen Streitkräfte seien weiterhin im Kampf gegen den Terrorismus in der Region engagiert, sagte der Minister. Trotz des 2019 verkündeten militärischen Siegs über die Terrormiliz Islamischer Staat sind deren Zellen weiterhin in Syrien aktiv. Die USA führen im Irak und in Syrien eine internationale Koalition im Kampf gegen den IS an. Die Operationen in Syrien gehen auch nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad weiter, denn die Sorge ist, dass die Terrororganisation die unübersichtliche Lage im Land zu ihren Gunsten ausnutzt. Wie der Sender BFMTV unter Verweis auf das Ministerium berichtete, setzte Frankreich für den Angriff Rafale-Kampfjets und eine Drohne gegen Verstecke der Terrororganisation in Zentralsyrien ein. Insgesamt seien sieben Bomben gegen zwei von Frankreich ausgewählte Ziele abgeworfen worden. Nach Informationen des Senders erfolgten die Angriffe vom französischen Luftwaffenstützpunkt Prince-Hassan in Jordanien aus.

Syrer verlassen in großer Zahl die Türkei (01.01.2025)

Seit dem Sturz von Machthaber Assad vor rund drei Wochen sind rund 35.000 syrische geflüchtete Menschen aus der Türkei in ihr Heimatland zurückgekehrt. Damit hätten seit Anfang Dezember so viele Syrer das Land verlassen wie sonst in drei Monaten, sagte der türkische Innenminister Ali Yerlikaya im Sender NTV. Die Türkei hat im weltweiten Vergleich die meisten Geflüchteten aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufgenommen. Zurzeit leben nach Angaben von Yerlikaya noch rund 2,9 Millionen syrische Flüchtlinge im Land. Davon seien fast ein Drittel in der Türkei geborene Kinder. Diese erhalten nicht die türkische Staatsbürgerschaft, sondern haben wie ihre Eltern vorübergehenden Schutzstatus. In der Türkei selbst gibt es mittlerweile eine stark flüchtlingsfeindliche Stimmung. Viele Türken, darunter auch Politiker, möchten, dass die syrischen Flüchtlinge das Land verlassen. Ein großer Teil der syrischen Flüchtlinge, darunter viele Kinder und Jugendliche, erlebt diese Ablehnung täglich. Die türkische Regierung arbeitet inzwischen eng mit den neuen Machthabern in Syrien zusammen und hat ihre Botschaft in Damaskus sowie ein Konsulat in Aleppo wiedereröffnet.

Frau wird Gouverneurin in Syrien (01.01.2025)

Obwohl auch die neue Führungsriege in Syrien islamistisch geprägt ist, wurde Muhsina al-Mahithaui zur Gouverneurin der Provinz Suwaida im Süden des Landes ernannt, wie die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete. Die Angehörige der drusischen Gemeinde studierte an der Universität Damaskus und leitete zuvor eine größere Bank in der Provinz Suwaida, aus der sie auch stammt. Es wird berichtet al-Mahithaui war eine der führenden Figuren in den Protesten gegen die inzwischen gestürzte Regierung von Machthaber Baschar al-Assad. Sie sei „eine der ersten Frauen bei der friedlichen Bewegung in der Provinz Suwaida gegen die Regierung“ gewesen. Trotz Schikanen der Regierung habe sie sich dabei nicht vom Weg abbringen lassen. Es ist die dritte Ernennung einer Frau auf einen höheren offiziellen Posten in der Übergangsregierung. Auch die geschäftsführende Direktorin der Zentralbank und die Leiterin des Büros für Frauenangelegenheiten sind Frauen.

Palästina verbietet Al-Dschasira im Westjordanland (02.01.2025)

Die palästinensische Autonomiebehörde hat dem arabischen TV-Sender Al-Dschasira und seinen Mitarbeitern jede Tätigkeit im israelisch besetzten Westjordanland untersagt. Der Sender habe fortgesetzt gegen palästinensische Gesetze und Rechtsvorschriften verstoßen, zitierte die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa aus einer Mitteilung der Behörde. Hintergrund der Entscheidung ist der Konflikt zwischen der gemäßigten Palästinenserpartei Fatah, die die Autonomiebehörde kontrolliert, und Extremisten der Hamas und anderen Gruppen. Beide Seiten liefern sich seit einem Monat in der Stadt Dschenin im Westjordanland Gefechte. Die Autonomiebehörde wirft dem in Katar ansässigen Sender vor, dabei einseitig Partei für die militanten Extremisten genommen zu haben. Das israelische Besatzungsmilitär hatte bereits im vergangenen September das Al-Dschasira-Büro in Ramallah geschlossen, dem Sitz der Autonomiebehörde. Teams und Reporter des Senders berichteten aber weiterhin aus allen Teilen des Westjordanlandes. Dabei traten sie nicht mehr als Al-Dschasira-Mitarbeiter auf, sondern als freie Medienschaffende.
Analysten zufolge fürchtet die PA einen bewaffneten Aufstand im Westjordanland und einen Kontrollverlust, ähnlich wie einst im Gazastreifen. 2006 hatte die Hamas die letzte palästinensische Parlamentswahl gewonnen. Im Jahr darauf riss sie mit Gewalt die alleinige Kontrolle im Gazastreifen an sich und vertrieb die Fatah von dort. Würde diese Befürchtung Basis in der Wirklichkeit haben, würde es u.a. auch bedeuten, dass die Macht der Hamas bei weitem nicht so sehr gebrochen wäre, wie allgemein angenommen.
In Israel selbst ist Al-Dschasira seit Mai des Vorjahres verboten.
Al Jazeera, deutsch etwa „die Insel – die arabische Halbinsel“, ist ein arabischer, privatwirtschaftlicher Nachrichtensender mit Sitz in Doha, Katar, und das größte Nachrichtennetzwerk in der Region Naher Osten und Nordafrika. Laut katarischen Forschern gilt Al Jazeera gegenüber anderen arabischen Nachrichtenorganisationen als vergleichsweise unabhängig und professionell und soll im Wettbewerb die qualitativen Standards von arabischen Fernsehnachrichtensendern weiträumig angehoben haben. Dagegen konstatieren andere Experten wie Guido Steinberg, dass Al Jazeera wie ein Propagandasender für die Muslimbruderschaft und die Hamas operiert. Wie immer – eine Frage der je eigenen politischen Verortung.
Der Sender ist finanziell sehr gut ausgestattet, weswegen es ihm möglich ist, aus 65 Ländern, über die ganze Welt verteilt, zu berichten.Der englischsprachige Teil des Senders erreicht ungefähr 190 Millionen Menschen täglich, ist also durchaus meinungsbildend. Der Sender legt Wert darauf festzustellen dass die Journalisten der Nachrichtenredaktion unterschiedliche politische Richtungen vertreten und aus verschiedenen Ländern stammten. Al Jazeera lege zudem darauf Wert, Themen aus verschiedenen Blickwinkeln zu präsentieren, anstatt einseitige Sichtweisen, Ideologien oder Parteien zu vertreten. Viele Journalisten von Al Jazeera wurden bei der BBC ausgebildet. Der Sender war und ist, je nach politischen Rahmenbedingungen in den Zeiten seiner Existenz mal mehr, mal weniger – auch in arabischen Ländern – verboten oder zumindest geächtet. Besonders die USA hat Probleme mit der Berichterstattung des Senders.

Israel: Geheimdienstbericht macht achtsam (02.01.2025)

Israelische Sicherheitskräfte haben im Gazastreifen im Jahr 2024 laut dem Inlandsgeheimdienst Schin Bet rund 2500 Palästinenser festgenommen. Ihnen wurde und wird vorgeworfen, entweder in Verbindung zu stehen mit der Entführung von Israelis am 07. Oktober 2023, oder aber der unmittelbaren Unterstützung der Hamas. Die Verhöre hätten es ermöglicht, die Leichen von neun Menschen zu bergen, die während des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober 2023 entführt und in den Gazastreifen verschleppt worden seien. Dabei wurden 45 Personen identifiziert, die direkt an Angriffen beteiligt waren, sowie 100 Verdächtige, die über Informationen zu Geiseln verfügten. Beweise dafür legte der Schin Bet, wie üblich, nicht vor. Der Inlandsgeheimdienst veröffentlichte die Zahlen in seinem Jahresrückblick auf die Einsätze des Kalenderjahres. Demnach wurde außerdem gegen 27 Israelis Haftbefehl wegen Spionage für den Iran erlassen. Das waren viermal so viele wie im Vorjahr. Das wirft auch ein interessantes Bild auf die gesamtgesellschaftliche Lage innerhalb Israels. Zwar wurde nicht bekannt gegeben, wie viele der Verhafteten Araber und wie viele Juden waren, aber es ist durchaus bedeutsam, dass alle Verhafteten Staatsbürger Israels waren. Das lenkt die Frage u.a. auf die kritische Grundhaltung von Staatsbürgern Israels gegen die Politik ihrer Regierung.
Innerhalb Israels wurden 20 Terrorzellen unter israelischen Arabern aufgedeckt. Im besetzten Westjordanland wurden 3682 Palästinenser wegen des Verdachts auf Beteiligung an terroristischen Aktivitäten festgenommen, so der Schin Bet. Fachleute allerdings schätzen, dass diese Zahl weit unter der Wirklichkeit anzusiedeln ist. 2024 sollen 1.040 bedeutende Anschläge im sogenannten Westjordanland und in Jerusalem vereitelt worden sein. Im Libanon wurden zudem 25 führende Mitglieder und Aktivisten, darunter Angehörige von Hamas, der Islamischen Gruppe und der Volksfront zur Befreiung Palästinas, eliminiert.

Israelische Bevölkerung 2024 gewachsen (02.01.2025)

Die israelische Bevölkerung ist im Jahre 2024, trotz des Kriegs in der Region, gewachsen. Die Zahl der Israelis überschritt inzwischen die 10-Millionen-Marke, wie das Israelische Statistikamt mitteilte. Noch vor ca. 30 Jahren lag die Gesamtbevölkerung zwischen 5 und 6 Millionen; das bedeutet, innerhalb dieses Zeitraums eine knappe Verdoppelung der Bevölkerung; diese wurde durch verschiedene Einwanderungswellen in diesen Jahrzehnten erreicht; inzwischen aber auch durch Erhöhung der Geburtenzahlen. Israels Geburtenrate ist mit durchschnittlich 2,9 Kindern pro Frau weiterhin die höchste unter den Ländern in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Gut 7,7 Millionen Bürger (knapp 77 Prozent) seien Juden und gut 2,1 Millionen Araber (21 Prozent). Im Jahre 2024 sei die Bevölkerung mit 1,1 Prozentpunkten allerdings weniger gewachsen als im Vorjahr mit 1,6 Prozentpunkten. Die Zahlen beziehen sich allein auf das Staatsgebiet Israels.

Syrien: Ägypten bleibt skeptisch (02.01.2025)

Ägypten hat wegen schwerwiegender Sicherheitsbedenken noch keine Kontakte zur neuen syrischen Regierung aufgebaut. Während Delegationen aus mehreren westlichen und arabischen Staaten bereits nach Damaskus gereist sind, um sich mit der neuen Regierung und mit dem de-facto-Führer Ahmed Al-Sharaa bekannt zu machen, hat Ägypten im Gegensatz dazu noch große Zurückhaltung walten lassen und bislang weder eine Delegation nach Syrien geschickt noch die neue Regierung kontaktiert oder sich gar mit ihr getroffen. Kairo hat sich bis dato nicht eindeutig zur neuen Führung in Syrien und zu einer zukünftigen Zusammenarbeit mit ihr geäußert. Das lässt durchaus aufhorchen. Ägypten hat sich bisher mit Kontakten zu wichtigen Ländern in der Region begnügt, mit denen über die Zukunft Syriens gesprochen wurde. Es nahm am 14. Dezember auch an den Treffen des Arabischen Ministerausschusses für Syrien im jordanischen Akaba teil. Während dieses Zusammentreffens betonte Ägypten auch die Bedeutung konzertierter regionaler und internationaler Bemühungen zur Wiederherstellung der Stabilität im gesamten syrischen Staatsgebiet und zur Einleitung eines integrativen politischen Prozesses, der alle Teile der Gesellschaft einbezieht, um eine nationale Aussöhnung zu erreichen und den Erfolg des Übergangsprozesses sicherzustellen. Das sind sehr diplomatische, nahezu nichtssagende Formulierungen. Ägypten scheint mit Blick auf den einstigen sozialistischen Partner mehr als nur zurückhaltend. Inzwischen haben viele Medienstimmen, die für ihre Nähe zur ägyptischen Regierung bekannt sind, die neue syrische Regierung und ihren Anführer Ahmed al-Sharaa kritisiert, Vor einigen Tagen gab es Gerüchte über einen bevorstehenden Besuch des ägyptischen Außenministers in Damaskus. Die saudische Zeitung Asharq Al-Awsat zitierte jedoch zwei informierte Quellen mit den Worten: »Die Gerüchte über einen bevorstehenden Besuch des ägyptischen Außenministers in Syrien sind nicht wahr.« Die beiden Quellen betonten, dass Kairo »noch immer abwartet, um die Entwicklungen in Syrien zu beobachten und die Vision der neuen Regierung in Bezug auf regionale und internationale Fragen zu bewerten«. Man fragt sich also, warum unsere Politiker des Wesetens nicht achtsamer bei ihren Kollegen in Ägypten nachfragen – und warum sie meinen sehr rasch aktiv werden zu müssen. Schließlich heißt ein altbekanntes Sprichwort: „Eile mit Weile“.

Deutsch-israelischer Buchmesse-Pavillion abgesagt (03.01.2025)

Das Auswärtige Amt von Ministerin Annalena Baerbock hat einigen Vorschlägen für die Begehung des 60-jährigen Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel eine Absage erteilt. Doch: Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland am 12. Mai 1965 war nicht nur ein Meilenstein für das Verhältnis der beiden jungen Staaten, sondern bildete zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges auch einen weiteren, wichtigen Schritt in der Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der Gründung der beiden Staaten 1948 (Israel) und 1949 (Bundesrepublik Deutschland) war an eine Aufnahme zwischenstaatlicher Beziehungen zunächst nicht zu denken. Nicht einmal fünf Jahre lagen die Gräueltaten des NS-Staates an den Juden Europas zurück; Israel, gegründet als jüdische Heimstatt, lehnt jegliche Fühlungnahme mit der Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Dritten Reiches entschieden ab. Grundsätzliche Annäherungen erfolgen im Zuge der bundesdeutschen Übernahme von Verantwortung auf dem sensiblen Feld der Wiedergutmachungsleistungen. Nachdem Konrad Adenauer bereits unmittelbar nach seiner Wahl zum Bundeskanzler die Bereitschaft hierzu öffentlich angekündigt hatte, werden mit dem Luxemburger Abkommen von 1952 und den ersten gesetzlichen Entschädigungsregelungen im Jahr erste Vereinbarungen getroffen. Doch zunächst stößt dies in der israelischen Gesellschaft auf teils heftige Ablehnung.
Israel selbst erkennt mit der Zeit die Vorteile einer engeren Beziehung und lanciert ab Mitte der 1950er Jahre vorsichtig die Bereitschaft zur Aufnahme offizieller diplomatischer Kontakte. 1957 erfolgen auf Anfragen der Israelis Vereinbarungen über die Lieferung von Verteidigungswaffen und militärischen Transportmitteln – die permanente Bedrohungslage durch die umliegenden arabischen Staaten erleichtert die Zusammenarbeit im wehrtechnischen Bereich. Dann: Das historische Zusammentreffen Adenauers mit Israels Premierminister David Ben Gurion 1960 in New York bedeutet für die wechselseitigen inoffiziellen Beziehungen einen weiteren Schub. Heute gehört das Schicksal Israels zur sogenannten „Staatsräson“ Deutschlands. Welch epochaler Wechsel in der Einstellung.
Nun scheint sich wieder etwas gewandelt zu haben: Israel war, was den Büchermarkt betrifft, trotz weltbekannter israelischer Schriftsteller, nie im Blick als eines der Partnerländer. Doch nun, zum Jubiläum der 60 Jahre, gab es die Idee, in Frankfurt, während der Buchmesse, einen deutsch-israelischen Gemeinschaftsstand zu betreiben. Doch dies wurde nun von deutscher Seite abgesagt. Demnach hat das Ministerium Israel davon in Kenntnis gesetzt, dass die Idee für einen deutsch-israelischen Pavillon bei der im Oktober stattfindenden Frankfurter Buchmesse 2025 nicht umgesetzt wird. Dem Bericht zufolge übermittelte das Ministerium Israel eine kurze Nachricht mit der Absage. Gründe für die Entscheidung sollen nicht enthalten gewesen sein. Israelische Regierungsbeamte haben das Auswärtige Amt »Ynet« zufolge für die Absage kritisiert. Die Deutschen hätten kein Budget für Events zur Feier des 60. Jubiläums bereitgestellt, hieß es.
In Deutschland wurde umgehend Kritik laut: Dass die Bundesregierung „nicht einmal einem Gemeinschaftsstand“ zustimmen wollte, zeuge von wenig diplomatischem Gespür, das Jubiläum als Chance zu begreifen. Als bekannt wurde, dass für die Gedenkveranstaltungen auf deutscher Seite kein Budget zur Verfügung stehe, waren Vielen klar: Da hat sich etwas verändert in den deutsch-israelischen Beziehungen.. Denn in der Vergangenheit hat man keine Kosten gescheut und nicht nur den fünfzigsten, sondern sogar den 55. Jahrestag gemeinsam gefeiert. Sind die „Solidaritätsbezeugungen“ Deutschlands doch nicht mehr so ganz ernst gemeint?

Baerbock reist nach Syrien (03.01.2025)

Knapp vier Wochen nach dem Sturz von Baschar al-Assad ist Außenministerin Annalena Baerbock zu einem unangekündigten Besuch nach Syrien gereist. In der syrischen Hauptstadt will sie, im Auftrag der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot unter anderem mit den neuen De-facto-Herrschern sprechen. Vor ihrer Abreise stellte die Bundesaußenministerin den neuen Machthabern in Syrien Bedingungen für eine Neuaufnahme der Beziehungen zu Deutschland und der Europäischen Union. „Den Neuanfang kann es nur geben, wenn die neue syrische Gesellschaft allen Syrerinnen und Syrern, Frauen wie Männern, gleich welcher ethnischen oder religiösen Gruppe, einen Platz im politischen Prozess einräumt, Rechte gewährt und Schutz bietet“, verlangte Baerbock. Dass diese Forderung eine „Minimalforderung“ auf dem Hintergrund unserer Werteordnung ist, muss nicht eigens gesagt werden. Doch kennt man in Berlin gut genug die vielgestaltige und damit auch vielproblematische Lage in Syrien? Zu viel Interessen schlagen über den neuen Machthabern gleichzietig zusammen: die aus der Türkei, hinsichtlich der Kurden im Norden; die der Israelis im Süden, hinsichtlich der eigenen Sicherheit; die der unterschiedlichen Religionen im Land; die der Profiteure aus dem Exil, die den sogenannten „Bürgerkrieg“, der nie einer war, verursacht haben; die der Großmächte, wie Amerika, Russland – und des ehemaligen Mandatsträgers Frankreich.
Gundsätzlich hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sich vor ihrer Reise in die syrische Hauptstadt Damaskus skeptisch über die neuen Machthaber im Land geäußert. „Wir wissen, wo die HTS ideologisch herkommt, was sie in der Vergangenheit getan hat“, sagte Baerbock. Angesichts dessen sagte Baerbock: „Wir werden die HTS weiter an ihren Taten messen. Bei aller Skepsis dürfen wir jetzt nicht die Chance verstreichen lassen, die Menschen in Syrien an diesem wichtigen Scheideweg zu unterstützen.“ Man wolle Syrien bei einem friedlichen Machtübergang, der Versöhnung der Gesellschaft und beim Wiederaufbau helfen – zusätzlich zur humanitären Hilfe, die für die Menschen in Syrien auch in den vergangenen Jahren geleistet worden sei. Deutschland setze sich zudem dafür ein, dass der innersyrische Prozess nicht von außen gestört werde, erklärte die Bundesaußenministerin. Dazu gehöre auch die Achtung der Souveränität und territorialen Integrität durch alle Nachbarstaaten, ergänzte sie offensichtlich mit Blick auf die Türkei und Israel, denen vorgehalten wird, eigene Interessen in Syrien zu verfolgen. Es sei zudem Zeit für Russland, seine Militärbasen in Syrien zu verlassen. Moskau war jahrelang einer der wichtigsten Verbündeten Assads.

Israel: Gericht weist Minister in die Schranken (03.01.2025)

Per Gesetz wollte sich Israels rechtsextremer Minister für nationale Sicherheit, Ben-Gvir, mehr Einfluss auf die Polizei sichern. Der Oberste Gerichtshof erklärte das Gesetz jezt in Teilen für unwirksam. Die Richter erklärten Teile eines umstrittenen Gesetzes für unwirksam, mit denen Ben-Gvir großen Einfluss auf polizeiliche Ermittlungen erhalten sollte. Die Kläger hatten argumentiert, die nun aufgehobenen Passagen hätten dem Minister übermäßige Befugnisse über die Polizeiarbeit eingeräumt, was die Polizei politisieren und die Demokratie gefährden würde. Die Gerichtsentscheidung ist Teil des seit Jahren schwelenden Konflikts zwischen der rechtsgerichteten Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der Justiz. Ben-Gvir äußerte sich empört über die Entscheidung. Nach Netanjahus Wahlsieg 2022 hatte seine rechtsextreme Regierung eine Justizkampagne gestartet, um die Macht des Gerichts einzuschränken. Das löste Massenproteste in Israel aus und führte bei westlichen Verbündeten zu Sorgen um die Demokratie des Landes.
Itamar Ben-Gvir (geboren am 6. Mai 1976 in Mewasseret Zion) ist ein rechtsextremer israelischer Politiker und Rechtsanwalt. Sein rechtsextremer Aktivismus brachte ihm Dutzende Anklagen ein; 2015 behauptete er in einem Interview, er sei 53 Mal verklagt worden. 2007 wurde er von einem israelischen Gericht wegen rassistischer Aufhetzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Als Anwalt vertrat Ben-Gvir eine Reihe rechtsextremer Aktivisten, die des Terrorismus und Hassverbrechen angeklagt waren. Zum nun reduzierten Gesetz hat der inzwischen ausgeschiedene Verteidigungsminister Benny Gantz in diesem Kontext Netanjahu beschuldigt, er schaffe damit eine Privatarmee für Ben-Gvir im Westjordanland, und sein Vorgehen sei „ein Eingeständnis, dass der wahre Ministerpräsident Ben-Gvir sein wird“.

Israel fürchtet Auswanderung (07.01.2025)

Zehntausende Israeli haben das Land während Netanyahus Justizreform verlassen, viele weitere könnten ihnen wegen des Kriegs folgen. Die Zahl der Israelis, die ihr Land verlassen, nimmt zu. Im Jahr 2023 waren es 24.900, im Vorjahr waren es 17.520. Dem entgegen kehrten im Jahr 2023 nur 11.300 Israelis zurück. Demnach begründete ein Großteil der Auswanderer ihren Schritt mit der aktuellen Regierungskoalition und nicht mit dem Krieg allein. Die stetig steigenden Lebenshaltungskosten in Israel sind dabei sicherlich nur ein weiterer Grund, warum immer mehr Israelis das Land verlassen. Konkret stieg die israelische Auswanderung um 42 Prozent an, während die Zahl der Rückkehrer sinkt, was auf eine beunruhigende Verschiebung der Migrationsmuster hindeutet. Interessant hier die bereits benannte Umzufriedenheit mit der politischen Ausrichtung der israelischen Politik; gerade jüngeren Israelis gefällt der „Rechtsruck“ allgemein, wie besonders durch die religiösen Parteien, gar nicht. Gemäss jüngerer Umfragen überlegt sich jeder vierte Bürger, das Land zu verlassen, das auf eine «Autokratie oder Schlimmeres» zusteuert. Nur noch 23 Prozent der Bevölkerung sollen hinter den Plänen der Regierung stehen. Ein kleiner Teil der Befragten (4 Prozent) wünscht sich gar eine Teilung in zwei jüdische Staaten. Das ist natürlich unrealistisch, aber es macht deutlich, dass es einen massiven Stimmungswandel in Israel unter dessen jüdischer Bevölkerung gibt. Dabei sind die Gedanken der nichtjüdischen Bevölkerung noch gar nicht berücksichtigt: Hier sind es noch höhere Zustimmungswerte zu einer Auswanderung aus dem Land – und dafür sind die ersten Schritte getan: Wer es sich leisten kann, hat bereits Grund und Boden, oder auch ein Haus, in Zypern oder in Griechenland gekauft – vielleicht nicht für sich selbst – möglicherweise aber für Kinder und Enkel. Inzwischen gehören der Gemeinde auf der Insel Zypern, darunter auch viele Juden, rund 3000 israelische Familien an, und die Zahl wächst.
Griechenland hat zudem Aneize geschaffen: Wer eine oder mehrere Immobilien kauft, die insgesamt 500.000 Euro kosten, bekommt eine Aufenthaltserlaubnis für sich, seinen Ehegatten, seine Kinder, sogar für seine Eltern. Damit kann der Investor frei in der ganzen EU reisen, seine Kinder können in Europa zur Schule gehen oder studieren. Tatsächlich dafür nach Griechenland ziehen müssen die Investoren nicht. Viele würden deshalb die gekauften Wohnungen und Häuser über Internetplattformen wie Airbnb vermieten und damit ihrerseits Geschäfte machen. Für einheimische Mieter bleiben dadurch vielerorts nur noch wenige Wohnungen übrig. Die Nachfrage steigt und mit ihr die Mietpreise.

Trump und die muslimischen Wähler in USA (07.01.2025)

Der Islam ist nach dem Christentum und dem Judentum die drittgrößte Religion in den Vereinigten Staaten. Die genaue Anzahl der Muslime in den Vereinigten Staaten ist unbekannt, weil statistische Daten nicht erhoben werden; Entsprechende Schätzungen rechnen mit bis zu sieben Millionen Muslimen in den USA; davon sind ca. 25% Konvertierte, also das Ergebnis von Missionsarbeit. Angeblich repräsentieren muslimische Amerikaner „die wohlhabendste, am meisten integrierte und politisch engagierte muslimische Gemeinschaft in der westlichen Welt.“ Eine Untersuchung des Pew Research Centers hat ergeben, dass im Jahr 2040 Muslime die zweitgrößte Religionsgruppe in den USA ausmachen werden. 2040 werden Muslime Juden als zweitgrößte Religionsgemeinschaft in den USA ablösen, während die Christen weiterhin den größten Anteil der Bevölkerung ausmachen.
In der jüngeren Geschichte konvertierten Einheimische, insbesondere Schwarze, zum Islam. Sie reagierten auf den Rassismus der meisten christlichen Kirchen. Vor allem die Southern Baptist Convention, die grösste protestantische Konfession, war traditionell Hort weisser Suprematie-Vorstellungen und der Rhetorik ethnischer Reinheit. Schwarze wandten sich deshalb der Religion vieler ihrer versklavten Vorfahren zu.
Die in den USA lebenden Muslime sind nicht gleichmäßig über das Land verteilt. In einigen Metropolregionen, wie Washington D.C., gibt es große muslimische Gemeinschaften. Im Bundesstaat New Jersey beispielsweise leben pro Kopf zwei bis dreimal so viele muslimische Erwachsene wie im Landesdurchschnitt. Aber es gibt auch Staaten und Bezirke mit wesentliche weniger Muslimen.
Sie stellen aber eine nicht zu unterschätzende Lobby im Land vor: In der Wahl 2024 wandten sich viele Muslime der USA von Biden ab und Trump zu. Bei Protesten waren Poster mit «Befreit Palästina» und «Gebt Biden auf» zu sehen. Ihr politischer Einfluss steigt. Seit Jahrzehnten gibt es arabischstämmige Amerikaner in Kongress und Regierung. Aber: Obwohl hundert Muslime in Bidens Regierung arbeiten, hat es noch niemand ins Kabinett geschafft. In 2024 war die Ablehnung muslimischer Führer in Amerika, zum Fastenbrechen ins Weiße Haus zu kommen, ein politischer Schlag in das Gesicht von Biden. Trump ist kein Favorit unter den Muslimen der USA, dazu hat er in seiner ersten Amtszeit zu Viele verprellt; aber sie haben ihm geholfen die Wahl zu gewinnen – wie wrden sie sich in den nächsten vier Jahren zu ihm verhalten?

Damaskus: Flughafen nimmt internationalen Betrieb wieder auf (07.01.2025)

Der Flughafen in der syrischen Hauptstadt Damaskus hat seinen internationalen Betrieb wieder aufgenommen. Während des fast 14-jährigen syrischen Bürgerkriegs hatten internationale Fluggesellschaften ihre Verbindungen nach Syrien fast komplett eingestellt. Als erste Maschine hob am Dienstag ein Flug der Syrian Airlines nach Sharjah in den Vereinigten Arabischen Emiraten ab. Nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad durch von der islamistischen Miliz HTS angeführte Kämpfer am 8. Dezember waren Flüge nach Syrien zunächst eingestellt worden. Am Flughafen in Damaskus war zunächst nur die Landung internationaler Hilfsflugzeuge und ausländischer diplomatischer Delegationen möglich, Mitte Dezember wurden dort dann die Inlandsflüge wieder aufgenommen. Nun ist das Land wieder international eingebunden.

Gewalt durch Siedler nimmt zu (08.01.2025)

Junge Siedler stürmen einen Grenzübergang zu Gaza und errichten eine provisorische Siedlung mit der Begründung, sie „kämen heim“. Die israelische Polizei braucht Stunden, um dort einzugreifen und die Hoheit des Staaates wieder aufzurichten. So geschehen am 28. Februar 2024. Inzwischen hat sich die Zahl der Übergriffe durch Siedlerinnen und Siedler im Westjordanland vervielfacht. Und die Polizei als Träger der staatlichen Hoheit lässt Vieles davon geschehen, ohne wirkungsvoll einzugreifen. Deshalb hat das oberste israelische Gericht dieser Tage in einem ähnlichen Fall die israelische Polizei dazu aufgefordert, zu erklären, warum sie es versäume, die Siedlergewalt im Westjordanland einzudämmen. Im November 2023 erklärte Netanjahu „es handele sich bloß um eine „winzige Handvoll Extremisten“, die die Siedler nicht repräsentierten“. Diese Schönfärberei hat mit der Wirklichkeit vor Ort nicht viel zu tun. Im Schatten des Gaza-Krieges nutzt eine kleine, aber mächtige Bewegung die Verunsicherung aus. Radikale israelische Siedler drängen darauf, den Gaza-Streifen zu besiedeln und die eigene Souveränität innerhalb des Westjordanlandes auszuweiten. Während die Gesellschaft um die verbliebenen Geiseln und die Sicherheit ihres Landes bangt, sehen sie die Chance gekommen, Fakten zu schaffen. Der Anteil der Siedlerinnen und Siedler in der jüdischen Bevölkerung liegt aktuell geschätzt bei rund zehn Prozent, das ist keine Minderheit mehr, sondern ein Faktor, der nicht unbeachtet bleiben darf.
Grundposition ist: Innerhalb der Rechten gibt es einen Konsens darüber, dass nur das jüdische Volk einen historischen Anspruch auf das Westjordanland hat, dass sich Israel nicht mehr daraus zurückziehen wird und dass es einen palästinensischen Staat zwischen Jordan und Mittelmeer nicht geben kann – und nicht geben wird.
Anfang des Jahres 2024 fand in Jerusalem zudem eine „Konferenz des Sieges“ für die Rückkehr statt. Tausende nahmen teil, unter ihnen Mitglieder der israelischen Regierung wie der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir. Selbst das palästinensische Außenministerium bezeichnete damals die Zusammenkunft als ein „Treffen kolonialistischer Terrororganisationen“. Zu Recht wird den Teilnehmern vorgeworfen die gesellschaftliche Spaltung in Israel zu verschärfen. Dass sich hochrangige Politiker mit solch extremen Ideen solidarisieren, zeigt, wie stark der Rückhalt dieser Minderheit in Teilen der Regierung ist. Die Verstöße gegen palästinensische Bewohnerinnen und Bewohner im Westjordanland sind mitunter so schwer, dass inzwischen der Europäische Rat Sanktionen gegen extremistische Siedlerinnen und Siedler verhängte. Aber was soll es, wenn ein Siedler z.B. aus der Region Bethlehem oder Hebron auf einer Sanktionsliste der EU steht? Wann und wie, will die EU Sanktionen ausüben? Ein solches Schwert ist stumpf und kann Gerechtigkeit nicht umsetzen.
Nach internationalem Recht hat das israelische Militär auch die Aufgabe, die palästinensische Zivilbevölkerung im Westjordanland zu schützen. Dieser Aufgabe ist die Armee in den fast sechs Jahrzehnten der Besatzung nach Ansicht von Palästinensern häufig nicht nachgekommen. Sie werfen dem Militär vor, die Angriffe radikaler Siedler vielfach nicht gestoppt zu haben. Soldaten hätten sich teilweise sogar den Siedlern angeschlossen – so lauten die Vorwürfe. Doch gerade Polizei und Militär müssten dafür sorgen, dass das Gewaltmonopol des Staates, auch in besetzem Gebiet, aufrecht erhalten bleibt. Doch ganz anderes ist geschehen: Mit der Mobilisierung von mehr als 300.000 israelischen Reservisten im aktuellen Gaza-Krieg wurden auch Siedler zum Dienst einberufen – und viele von ihnen mit der Überwachung ihrer eigenen Gemeinden betraut. Sie ersetzen zum Teil reguläre Bataillone aus dem Westjordanland, die im Krieg eingesetzt werden, wie das Militär erklärt. Und viele der neuen, mit Uniformen und Sturmgewehren ausgestatteten Aufpasser stehen den Palästinensern nicht gerade wohlgesonnen gegenüber. „Stellen Sie sich vor, dass das Militär, das Sie eigentlich beschützen sollte, jetzt aus Siedlern besteht, die Gewalt gegen Sie ausüben“, sagte ein Mitglied von Breaking the Silence, einer Gruppe israelischer (Ex-)Soldaten, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Öffentlichkeit über die Realität in den besetzten Gebieten zu informieren.
Siedler bedecken Olivenhaine mit Zement, zünden Autos und Häuser an, schiessen auf Familien in ihren Häusern, greifen Beerdigungen an, sperren Straßen für die Palästinenser. Das alles, ohne dass die Besatzungsmacht eingreift; Anzeigen bei der Polizei bleiben unbearbeitet – Begründung: zuwenig Personal.
Das geht einher mit dem Regierungsprogramm, jüdische Siedlungen in ganz Israel auszubauen und zu fördern – ausdrücklich auch im Westjordanland. Die Frage des Siedlungsbaus ist schon lange zu einer Existenzfrage der Regierung in Israel geworden. Premierminister Netanyahu weiß, dass das Thema vor allem im Ausland kritisch beobachtet wird. Großen Teilen seiner Regierung aber scheint das Bild Israels auf internationaler Bühne egal zu sein. In Abwandlung einer bekannten Parole scheint es zu heißen: „Jewish Israel first!“

Deutschland und NGO`s in Palästina (08.01.2025)

Zochrot („Erinnern“ auf Hebräisch) ist eine Nichtregierungsorganisation, die sich seit 2002 dafür einsetzt, dass die jüdische Gesellschaft in Israel das fortdauernde Unrecht der Nakba – der palästinensischen Katastrophe von 1948, deren unmittelbare Folgen die Zerstörung Hunderter palästinensischer Dörfer und die Vertreibung Hunderttausender Palästinenser:innen waren – anerkennt und Rechenschaft darüber ablegt. Darüber hinaus bemüht sich Zochrot um eine Neukonzeption der Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge als zwingende Wiedergutmachung der Nakba und als Chance auf ein besseres Leben für alle Bewohner des Landes. Dies beinhaltet nicht nur die physische Rückkehr, sondern auch eine angemessene und würdige Integration in eine gleichberechtigte, gemeinsame palästinensisch-jüdische Gesellschaft. Zu den Aktivitäten von Zochrot gehören Touren, Kurse und Workshops, Konferenzen, Ausstellungen, Filmvorführungen und andere öffentliche Veranstaltungen.
New Profile ist eine Bewegung von Freiwilligen welche berät und unterstützt Kriegsdienstverweigerer juristisch. In Israel ist der Militärdienst verpflichtend für Männer und Frauen. Wer ihn verweigert, riskiert Gefängnisstrafen.
Beiden Organisationen hat nun die Bundesrepublik Deutschland die bisher genehmigen finanziellen Zuschüsse gestrichen. Zochrot verliere einem Bericht zufolge durch den Förderstopp etwa 100.000 Euro, rund ein Viertel ihres Budgets; New Profile sogar rund die Hälfte ihrer gesamten Finanzierung. Die Gelder gelangten bisher über die deutsche Organisation Kurve Wustrow, die unter anderem von der deutschen Regierung finanziert wird, zu den zwei Partnerorganisationen in Israel. Die Entscheidung, diese zwei ihrer Partnerorganisationen nicht mehr finanzieren zu dürfen, hat Kurve Wustrow in den vergangenen Monaten versucht abzuwenden. Mitte Dezember kam jedoch die finale Absage.
Ist es möglich, dass Druck durch die israelische Regierung die deutschen Behörden beeinflusst haben könnte? Im November 2024 hat das deutsche Parlament zudem eine Resolution verabschiedet, die die Vergabe von öffentlichen Geldern an eine, unter Fachleuten, sehr umstrittene Definition von Antisemitismus bindet. Auch darin könnte eine Wurzel des Agierens liegen.
Unter deutschen NGO-Mitarbeitern zirkuliert eine Liste von 15 Organisationen, die seit Ende 2023 ihre deutsche Förderung verloren haben. Am stärksten von den Streichungen betroffen sind sechs palästinensische Organisationen. Den sechs Organisationen wurde die sogenannte „außenpolitische Unbedenklichkeitsbescheinigung” entzogen. Die Bescheinigung ist die Bedingung dafür, dass ausländische Hilfsorganisationen mit öffentlichen Mitteln gefördert werden können. In einem Bericht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung heißt es, dass keine neue Zusammenarbeit mit den sechs Organisationen genehmigt werden solle. Gründe werden darin nicht genannt und die Entscheidung wurde auch nicht öffentlich kommuniziert.

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